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Einleitung
Leiterin oder Leiter zu sein soll Spaß machen. Die Lust auf spannende Gruppenstunden und aufregende Aktionen in Lagern steht im Vordergrund. Hauptaufgabe des Leitungsteams ist es, den Kindern und Jugendlichen pfadfinderische Werte zu vermitteln. Doch diese Tätigkeit erfolgt automatisch immer in einem rechtlichen Rahmen. Den sollte jede Leiterin und jeder Leiter kennen, um sich sicher darin zu bewegen, ohne auf Spannung, Abenteuer und Außergewöhnliches in Gruppenstunden oder Lagern verzichten zu müssen. Natürlich steht keine Leiterin und kein Leiter bei jeder Aktion "mit einem Fuß im Gefängnis". Andererseits darf man aber nicht unterschätzen, wie viele Gefahren durch vorheriges Nachdenken vermieden werden können.
Zunächst geht es um die Aufsichtspflicht, die jede Leiterin und jeden Leiter trifft. Danach stellen wir einzelne Rechtsgebiete im Überblick vor und nennen auch beliebte Falschvorstellungen. Anschließend folgt ein Kapitel zu Versicherungen sowie Fallbeispiele und Verweise auf weitere Begleitmaterialien.
Zwischen den erklärenden Texten finden sich Zusammenfassungen. Sie sollen helfen, die wichtigsten Punkte noch einmal verkürzt ins Gedächtnis zu rufen.
Dieser Baustein dient lediglich als allgemeine Informations- und Diskussionsgrundlage zu rechtlichen Themen der Jugendarbeit. Er ersetzt jedoch keine rechtliche Beratung und ist nicht geeignet, jeden konkreten Problemfall abschließend zu lösen. Insbesondere dann, wenn es zu einem Schaden gekommen ist, sollte eine Rechtsanwältin /Rechtsanwalt aufgesucht werden, die/der eine fallbezogene Rechtsberatung vornimmt.
Aus der Erfahrung als aktive DPSG-Leiterinnen und -Leiter und aus unserer beruflichen Tätigkeit als Juristen haben wir Autorinnen und Autoren uns bemüht, das Skript auf eure speziellen Bedürfnisse auszurichten. Die Informationen wurden sorgfältig ausgewählt. Sollte dennoch jemand einen inhaltlichen Fehler entdecken oder von einer abweichenden Gerichtsentscheidung wissen, dann freuen wir uns über jeden Hinweis, der das Kapitel aktuell und richtig ergänzt.
Kontakt per E-mail: ausbildung@dpsg.de
Haftung und Aufsichtspflicht
Hinweis: Dieser Abschnitt beschreibt ausschließlich die rechtliche Situation in Deutschland. Jede Leiterin und jeder Leiter ist selbstverständlich darüber hinaus pädagogisch für das verantwortlich, was sie oder er tut. Das kann oft ein strengerer Maßstab sein. Dieser pädagogische Aspekt wird in diesem Kapitel jedoch ausdrücklich nicht behandelt.
Die Aufsichtspflicht ist der rechtliche Dreh- und Angelpunkt der Jugendarbeit. Die Aufsichtspflicht üben normalerweise die Eltern im Rahmen ihrer elterlichen Sorge aus. Bei einer Unternehmung mit einer Jugendgruppe und für die Gruppenstunden übertragen die Eltern ihre Aufsichtspflicht an das Leitungsteam. Andere Teile der elterlichen Sorge, insbesondere das Erziehungsrecht, bleiben bei den Eltern.
Hintergrund der Aufsichtspflicht ist, dass minderjährige Kinder und Jugendliche oft nicht die geistige Reife und Erfahrung haben, die ihnen drohenden Gefahren zu erkennen oder richtig einzuschätzen. Diesen Mangel an Erfahrung und Reife muss dann das Leitungsteam für die Kinder ausgleichen. Die Aufsichtspflicht hat demnach zwei Ziele: Erstens hat die/der Aufsichtspflichtige die/den anvertraute/n Minderjährige/n vor Schäden zu bewahren, die sie/er sich selbst zufügen kann oder die ihr/ihm Dritte zufügen können. Und zweitens hat die/der Aufsichtspflichtige Dritte vor Schäden zu schützen, die die/der anvertraute Minderjährige ihnen zufügen kann.
Das Hauptproblem für Jugendgruppen-Leiterinnen und -Leiter besteht darin, dass der konkrete Inhalt und Umfang der Aufsichtspflicht vom Gesetzgeber nicht geregelt ist. Im Regelfall wird die Aufsichtspflicht nicht vorsätzlich (wissentlich) verletzt, sondern aus Fahrlässigkeit. Fahrlässig handeln bedeutet, "die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lassen". Was die Sorgfalt ist, die im Einzelfall erforderlich ist, kann nicht pauschal festgelegt werden.
Daher ist es schwierig, pauschale Aussagen zur Aufsichtspflicht zu treffen. Die Anforderungen an die Aufsicht können durch viele Faktoren erhöht oder vertieft werden. Der Bundesgerichtshof (das Urteil ist abgedruckt in der Neuen Juristischen Wochenschrift "NJW" aus dem Jahr 1984, S. 2574) drückt dies folgendermaßen aus: "Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was Jugendleiterinnen und -leitern in der jeweiligen Situation zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was ein/e verständige/r Jugendleiter nach vernünftigen Anforderungen unternehmen muss, um zu verhindern, dass das Kind selbst zu Schaden kommt oder Dritte schädigt."
Als Leitfaden zur Erkennung und Vermeidung dieser Gefahren dient die folgende Fahrlässigkeits-Checkliste, die jede Leiterin und jeder Leiter immer vor Augen haben sollte:
1. Pflicht zur Information
Wer ist beteiligt? Was sind die persönlichen Fähigkeiten/Eigenschaften der Teilnehmenden? (z. B. Anzahl, Alter der Teilnehmenden; Krankheiten, Spezialkenntnisse)
Was sind die Besonderheiten/Gefahren der örtlichen Umgebung? (z. B. blanke Stromkabel im Haus, stark befahrene Straße neben dem Zeltplatz, rostige Schaukel auf dem Spielplatz, Erreichbarkeit/Abgeschiedenheit von Hilfsmöglichkeiten)
Was sind die Besonderheiten/Gefahren der Unternehmung? (z. B. Unfälle bei Wanderungen an der Straße, Abstürzen beim Klettern, Verletzung beim Holz hacken)
2. Pflicht zur Gefahrvermeidung
Wenn es möglich ist, die Gefahrenquelle selbst beseitigen (z. B. Glasscherben auf der Wiese aufheben) oder beseitigen lassen (z. B. vom Hausmeister). Es kann auch nötig sein, Personen mit Spezialkenntnissen einzuschalten (z. B. eine Führung bei Bergwanderung). Wenn es nötig ist, müssen Hilfsmittel wie Handy oder Erste-Hilfe-Tasche mitgeführt werden.
3. Pflicht zu Hinweisen und Warnungen
Wenn es nicht möglich ist, die Gefahr zu beseitigen, müssen die Gruppenmitglieder auf diese aufmerksam gemacht werden. Außerdem muss das Leitungsteam sie anweisen, wie sie sich in Bezug auf die Gefahr verhalten müssen.
4. Pflicht zur Aufsichtsführung
Hinweise allein reichen oft nicht aus. Die Leiterin oder der Leiter muss kontrollieren, ob die Gruppenmitglieder ihre oder seine Anweisungen auch befolgen. Es ist nicht notwendig, ständig alle Gruppenmitglieder im Auge zu haben, aber die Leiterin oder der Leiter muss wissen, wo sich seine Gruppenmitglieder aufhalten und sich regelmäßig Klarheit über deren Tun verschaffen.
5. Pflicht zum Eingreifen in gefährlichen Situationen
Als letztes Mittel muss die Leiterin oder der Leiter in einer gefährlichen Situation selbst eingreifen. Sie oder er kann z. B. die Unternehmung abbrechen, gefährliche Gegenstände wegnehmen oder Strafen verteilen.
Wenn die Leiterin oder der Leiter alle diese Pflichten erfüllt und trotzdem ein Schaden entsteht, trifft sie oder ihn keine Verantwortung. Für das "allgemeine Lebensrisiko", das jeden Menschen treffen kann, haftet auch eine Gruppenleiterin und ein Gruppenleiter nicht. Auch, wenn die Leiterin oder der Leiter sich unter Umständen moralisch verantwortlich fühlt, rechtlich ist sie oder er es nicht. Es gibt keine Garantie, dass auch bei größter Vorsicht nicht doch ein Schaden eintreten kann.
Generell lässt sich sagen, dass die Anforderungen an die Aufsicht steigen,
- wenn die Gefährlichkeit der Unternehmung steigt,
- wenn die Gruppengröße steigt,
- bei ungünstigen persönlichen Eigenschaften (z. B. Krankheit) der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Umgekehrt sinkt die Anforderung an die Aufsichtspflicht bei
- steigendem Alter der Teilnehmenden,
- wachsender Anzahl der Mitbetreuenden,
- Spezialkenntnissen der Teilnehmenden.
Folgen der Aufsichtspflichtverletzung
Bei einer Verletzung der Aufsichtspflicht drohen der Leiterin oder dem Leiter zivil- und strafrechtliche Folgen, wenn ein Schaden eingetreten ist. Die zivilrechtlichen Folgen bezwecken immer den Ausgleich eines entstandenen Schadens. Wenn sich ein Kind verletzt, weil eine Leiterin ihre oder der Leiter seine Aufsichtspflicht verletzt hat, dann muss die Leiterin oder der Leiter die Heilbehandlungskosten sowie ein Schmerzensgeld an das Kind bzw. an dessen Eltern zahlen, wenn diese das verlangen.
Durch die Verletzung der Aufsichtspflicht kann sich die Leiterin oder der Leiter unter Umständen auch strafbar machen. Dann droht ihr oder ihm – je nach Tatvorwurf – eine Geld- oder Freiheitsstrafe.
Abschließend kann man sagen, dass man als Jugendgruppenleiterin und -leiter kein Jurastudium braucht, um den Umfang seiner Aufsichtspflicht erkennen zu können. Oft wird die Aufsichtspflicht aus dem gesunden Menschenverstand heraus korrekt wahrgenommen. Dennoch sollte sich jede Leiterin und jede Leiter vor einer Unternehmung genaue Gedanken machen. Die Fahrlässigkeits-Checkliste von oben kann eine gute Hilfe dabei sein. Grundkenntnisse des Jugendschutzgesetzes, der Regeln des Straßenverkehrs und des Vertragsrechts, die in diesem Baustein beschrieben sind, reichen völlig aus.
Weitere Rechtsgebiete
Um Sorgfaltspflichten beachten zu können und somit einer Haftung wegen pflichtwidrigen Verhaltens entgehen zu können, ist es notwendig zu wissen, was erlaubt bzw. verboten ist. Daher soll dieser Teil des Bausteins einen kurzen Überblick über rechtliche Ge- und Verbote vermitteln, die von einer Leiterin, oder einem Leiter beachtet werden müssen.
Strafen
Immer wieder kommt es vor, dass sich Gruppenmitglieder nicht so verhalten, wie es in der Gruppe oder mit der Leiterin oder dem Leiter verabredet war. Wenn das Fehlverhalten trotz wiederholter Ermahnung nicht abgestellt wird, ist die Leiterin oder der Leiter gezwungen ggf. Strafen zu verteilen. Das wichtigste ist dabei, dass die Strafen immer im Verhältnis zum bemängelten Verhalten stehen. Daneben zieht das Gesetz Grenzen für Strafen, die zwingend zu beachten sind.
Jede körperliche Züchtigung ist verboten. Sie stellt eine strafbare Körperverletzung dar (§ 223 StGB). Selbst ein leichter "Klaps" auf den Hintern ist im juristischen Sinne eine strafbare Handlung. Auch sind Handlungen verboten, die das Kind beleidigen, bloßstellen oder seelische Qualen auslösen. Hier kommt ggf. eine Strafbarkeit wegen Beleidigung (§ 185 StGB) oder wegen Nötigung (§ 240 StGB) in Betracht.
Weitere Hinweise zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen unter dem Gesichtspunkt von Grenzüberschreitung und Prävention findet ihr in Baustein 2e.
Es darf nicht zu Freiheitsentziehung kommen. Daher ist z. B. das Einsperren in einen Raum oder die Fesselung (manchmal auch verniedlicht als "Pflöcken" bezeichnet) strafrechtlich sanktioniert. Jedoch können auch Kinder in Handlungen einwilligen, die an sich verboten sind. So ist z. B. die Fesselung am Marterpfahl im Rahmen eines Indianerspiels erlaubt, wenn der Gefesselte dem zustimmt. Die Handlung muss gleichwohl sofort enden, wenn das "Opfer" nicht mehr mitmachen will. Im juristischen Sinne zieht die/der Betroffene ihre/seine strafausschließende Einwilligung damit zurück, sodass der Vorgang – wenn er nicht sofort beendet wird – wieder zu einer Strafbarkeit der Leiterin oder des Leiters führt.
Erlaubte Sanktionen sind der Ausschluss von bestimmten Aktivitäten (z. B. Besuch des Schwimmbades), die Verteilung von Sonderaufgaben (Spüldienst, Klodienst) sowie die Anordnung von Sonderregelungen (z. B. vorzeitige Nachtruhe). Dabei ist jedoch stets darauf zu achten, dass die Aufsichtspflicht nicht verletzt wird. Im Lager kann ein Kind als "ultima ratio" vorzeitig auf Kosten der Eltern nach Hause geschickt werden. Das muss jedoch stets im Vorfeld mit den Eltern vereinbart sein (z. B. in der Lageranmeldung). Ebenso ist der Ausschluss von der Gruppenstunde möglich. Es ist darauf zu achten, dass im Falle der vorzeitigen Heimreise jemand da ist, der das Kind in Empfang nimmt. Ohne vorherige Absprache ist nicht gewährleistet, dass die Aufsicht wieder von der Leiterin oder von dem Leiter auf die Eltern zurück übertragen werden kann, wenn z. B. zu Hause niemand da ist. Kann keiner erreicht werden, muss eine vorzeitige Heimreise unterbleiben. Soll die Gruppenstunde für ein störendes Kind eher enden, ist ein kurzer Anruf bei den Eltern zu empfehlen und die vorzeitige Rückkehr anzukündigen.
Sexualstrafrecht
Oft sammeln Jugendliche im Lager "ihre ersten Erfahrungen". Für das Leitungsteam stellt sich dann immer die Frage, ob bzw. wann es eingreifen muss. Beim Thema "Sex" ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen
- Beziehungen unter den Gruppenmitgliedern und
- Beziehungen zwischen Leiterin/Leiter und Gruppenmitglied.
Rechtlich problematisch können Beziehungen zwischen Leiterin oder Leiter einerseits und Gruppenmitglied andererseits sein, wenn die Leiterin oder der Leiter volljährig und das Gruppenmitglied unter 16 Jahre alt ist, da diese Konstellation möglicherweise als "Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen" (§ 174 StGB) gewertet werden kann und dann zu Bestrafung der Leiterin oder des Leiters führt. Ebenso ist darauf zu achten, dass die Leiterin oder der Leiter seine "übergeordnete" Stellung nicht ausnutzt, um das Gruppenmitglied zu sexuellen Handlungen zu bewegen. Das kann an Nötigung bzw. Vergewaltigung grenzen – auch wenn das Opfer schon volljährig ist.
Aus Beziehungen seiner Gruppenmitglieder untereinander darf sich die Leiterin oder der Leiter weitestgehend heraushalten. Sie oder er muss jedoch einschreiten, wenn sie oder er merkt, dass es zwischen den beiden Betroffenen zu strafbaren Handlungen kommt. Dazu muss die Leiterin und der Leiter wissen, dass sexuelle Handlungen verboten sind, wenn genau eine beteiligte Person unter 14 Jahre alt ist. Zwei 14-jährige Gruppenkinder dürfen also miteinander schlafen, nicht jedoch z. B. ein 14-Jähriger mit einer 13-Jährigen. Was sexuelle Handlungen sind, mag von jedem sicherlich anders beurteilt werden. Juristisch gesehen sind sexuelle Handlungen alle Tätigkeiten, die zur Stimulation am eigenen oder fremden Intimbereich (Brust, Po, Geschlechtsteile) vorgenommen werden.
Schließlich dürfen Leiterinnen und Leiter keine sexuellen Handlungen von Gruppenmitgliedern fördern, wenn einer der Beteiligten unter 16 Jahre alt ist. Dieses "Vorschubleisten" ist immer dann gegeben, wenn Leiterinnen und Leiter eine Handlung begehen, die darauf gerichtet ist, dass andere Personen sexuelle Handlungen vornehmen. Hiezu kann z. B. das Bereitstellen eines abgeschiedenen Zeltes, von Kondomen oder sonstigen Verhütungsmitteln gehören.1 Umgekehrt ist die Leiterin und der Leiter jedoch nicht verpflichtet, sämtliche sexuelle Handlungen zu unterbinden. Er muss also nicht alle Kinder ständig kontrollieren. Bekommt er jedoch eine verbotene Tat mit, so muss sie oder er einschreiten. Ihre oder seine Aufsichtspflicht umfasst nicht die totale 24-Stunden-Überwachung.
Straßenverkehr
Im Straßenverkehr sind sämtliche einschlägigen Regelungen zu beachten, von denen hier eine kleine Auswahl vorgestellt wird.
- Im Wald ist das Fahren oder Abstellen von Kraftfahrzeugen verboten.
- Kinder, die kleiner als 1,50 m und unter 12 Jahre alt sind, dürfen im Auto nur mit geeigneten Kindersitzen transportiert werden.
- Es gilt in Deutschland (Achtung: andere Regelungen im Ausland) die 0,5 Promillegrenze, ab der das Bewegen eine Kraftfahrzeugs verboten ist. Verursacht eine Person alkoholisiert einen Unfall, so erhöht sich seine Haftung auch schon dann, wenn diese Grenze noch nicht überschritten ist.
In den letzten Jahren ist die Tendenz gestiegen, auch Fahrradfahrerinnen/Fahradfahrer stärker auf Alkoholgehalt im Blut zu prüfen. Auch wenn es keine gesetzliche Promillegrenze gibt, so gelten die Haftungsmaßstäbe für Autofahrerinnen/Autofahrer auch für Radfahrerinnen/Radfahrer. - Verursacht eine Verkehrsteilnehmerin/ein Verkehrsteilnehmer (auch Fußgängerinnen/Fußgänger und Radfahrerinnen/Radfahrer) einen Verkehrsunfall, so muss sie/er sicherstellen, dass die/der Geschädigte erfährt, wer den Schaden verursacht hat. Dazu muss die/der Schädiger/in ausreichend lange am Unfallort warten, wenn die/der Geschädigte nicht anwesend ist. Nach Ablauf der Wartezeit muss die/der Schädiger/in die Polizei informieren, wenn die/der Geschädigte nicht aufgetaucht ist. Die Länge der Wartezeit ist situationsabhängig. Sie kann auf dem belebten innerstädtischen Parkplatz bis zu zwei Stunden betragen, hingegen auf dem einsamen nächtlichen Waldweg gänzlich entfallen, da es die/der Schädiger/in nicht zuzumuten ist, dort lange Zeit zu warten. Es reicht keinesfalls aus, am Auto der/des Geschädigten eine Visitenkarte mit der Bitte um Rückruf zu hinterlassen, ohne den Unfall bei der Polizei zu melden. Ein solches Verhalten ist als "Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort" (umgangssprachlich: Fahrerflucht; § 142 StGB) zu werten.
- Auf einem Fahrrad darf immer nur eine Person mitfahren (keine Mitnahme auf dem Gepäckträger).
- Es gibt zwar keine Fahrradhelmpflicht, wenn ein Kind jedoch mit Helm zur Gruppenstunde oder ins Lager kommt, muss davon ausgegangen werden, dass die Eltern nur Fahrradfahren mit Helm erlauben.
- Ab 15 Fahrradfahrern/innen in einer Gruppe darf zu zweit nebeneinander gefahren werden.
- Natürlich müssen die Fahrräder verkehrssicher sein.
- Rad fahren abseits von Wegen (querfeldein) ist verboten.
- Auf der Landstraße sind Fußgänger/innen/Wandernde verpflichtet, den linken Straßenrand zu benutzen, wenn es keine besonderen Fußwege gibt.
Wandern, Zelten, Feuer machen
- Feuer und Grillen im Wald oder bis zu 100 m vom Wald entfernt ist verboten, wenn nicht eine offizielle Feuerstelle/Grillplatz besteht.
- Rauchen ist in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Oktober im Wald untersagt. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 25.000,- Euro (in NRW – in anderen Bundesländern vergleichbare Regelungen).
- Feuer sind ansonsten nur insoweit zulässig, als Dritte nicht übermäßig belästigt werden. Gartenabfälle dürfen nicht verbrannt werden. Ausnahmsweise sind sogenannte Brauchtumsfeuer (z. B. Osterfeuer) zu bestimmten Zeiten erlaubt. Solche Feuer müssen in der Regel den örtlichen Behörden vorab angezeigt werden.
- Zelten ist im Wald verboten (schwarzzelten), das reine Lagern nur mit Isomatte und Schlafsack hingegen nicht. Zelten und Lagern auf Privatgrund ist nur erlaubt, wenn der Eigentümer zustimmt.
- Gegen das Pflücken eines Blumenstraußes wird nichts einzuwenden sein; das sinnfreie Ausreißen von Pflanzen jedoch ist untersagt.
Schwimmen
Beim Schwimmen muss Aufsicht und benötigte Hilfeleistung gewährleistet sein. Dazu ist es in der Regel erforderlich, dass die schwimmenden Gruppenmitglieder von zwei Leitungskräften beaufsichtigt werden, die beide in der Lage sind, in Notfällen zu helfen. D. h., auch eine bewusstlose Person über Wasser halten zu können (Rettungsschwimmgriff). Eine Leiterin oder ein Leiter sollte nicht mit ins Wasser gehen, um die Übersicht zu behalten. Die andere Leiterin oder der andere Leiter sollte mit ins Wasser gehen, um schnell vor Ort sein zu können. Entgegen landläufigen Gerüchten ist es nicht erforderlich, dass die Leiterinnen und Leiter einen DLRG-Rettungsschein haben müssen. Der Bademeister im Schwimmbad ersetzt nicht die Aufsichtspflicht der Leiterinnen und Leiter. Es sollte nur in bekannten Gewässern gebadet werden.
Verträge
Für viele Aktionen ist es nötig mit Dritten Verträge zu schließen. Für die sich daraus ergebenen Verpflichtungen steht in der Regel die/derjenige ein, die/der den Vertrag schließt. Im Zweifel haftet daher die Leiterin oder der Leiter selbst, wenn sie oder er z. B. einen Bus bestellt oder einen Lagerplatz reserviert. Besteht ein eingetragener Verein, so sollten die Verträge durch den e.V. geschlossen werden, da dann die persönliche Haftung der Leiterinnen und Leiter entfällt.
Eine Besonderheit ergibt sich aus dem sogenannten Reisevertragsrecht. Seit neuestem müssen Reiseveranstalter/innen durch Abschluss einer Versicherung gewährleisten, dass die Reiseveranstaltung tatsächlich durchgeführt wird (§ 651a BGB). Hierzu ist der Abschluss bestimmter Versicherungen erforderlich. Die Reisevertragsregelungen gelten jedoch nicht, wenn nur DPSG-Mitglieder teilnehmen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Nicht-Mitglieder mit auf Reisen gehen!
Jugendschutz
In Deutschland sind die allgemeinen Regelungen des Jugendschutzes von der Leiterin und vom Leiter stets zu beachten. Sie oder er kann keine Genehmigungen für vom Gesetz verbotene Handlungen erteilen. Daher gilt:
- Rauchen erst ab 18 Jahren.
- Kein Alkohol unter 16 Jahren, unter 18 Jahren nur Wein und Bier.
- Unter 18 Jahren darf das Gruppenmitglied nichts konsumieren, was die Eltern ausdrücklich verbieten (z. B. Bier für einen 17-Jährigen).
- Der Aufenthalt in Cafés, Kneipen, Discos ist für unter 18-Jährige bis maximal 24 Uhr gestattet. Personen unter 16 Jahren dürfen grundsätzlich nur in Begleitung in Cafés, Kneipen usw.
- In Deutschland ist generell Haschisch, Marihuana etc. verboten. Sofern die Polizei nicht einschreitet, bedeutet das keine Erlaubnis dieser Drogen.
- Viele Feuerwerkskörper sind außer an Silvester generell verboten, aber auch Silvester nur für Personen ab 18 Jahren.
Rechtliche Aspekte bei der Erstellung von Homepages
Stellt die Homepage nur die Tätigkeit des Stammes bzw. einzelner Gruppen dar, gibt es keine Besonderheiten. Ihr könnt die Seiten gestalten, wie ihr wollt. Aber: Werden Produkte (z. B. Liederbücher, Vermietung des Stammeshauses, Anhängerverleih) angeboten oder wird für diese geworben, muss die Homepage ein ordnungsgemäßes Impressum mit folgenden Aspekten enthalten:
- Name und Anschrift einer verantwortlichen Person (bei einem eingetragenen Verein muss eine vertretungsberechtigte Person genannt sein).
- Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen, wie Telefonnummer und Mailadresse.
- Angaben des Vereinsregisters, in das die Anbieter eingetragen sind und die entsprechende Registernummer.
- Das Impressum muss als solches zu erkennen und möglichst mit einem Klick von der Startseite erreichbar sein.
Auch Seiten auf sozialen Netzwerken (z. B. Facebook) können wie eine Homepage sein. Es gelten dann dieselben Regelungen (z. B. Pflicht zum Impressum).
Sondernutzungserlaubnisse
Oft planen Pfadfinder in der Öffentlichkeit Veranstaltungen (Demo/Flohmarkt etc.) durchzuführen. Das findet meist auf öffentlichen Plätzen, Bürgersteigen oder Fahrwegen statt. Diese außergewöhnliche Nutzung des öffentlichen Verkehrsraumes muss vorab bei der Gemeinde (zuständig: Ordnungsamt) beantragt werden. Gibt es keine Einwände gegen die Veranstaltung, so wird eine sogenannte „Sondernutzungserlaubnis“ erteilt.
Irrungen und Wirrungen
Aus unseren Erfahrungen im Gespräch mit Leiterinnen und Leitern, z. B. auf Fortbildungskursen oder aber auch auf rechtlichen Schulungen, konnten wir feststellen, dass es hartnäckige Gerüchte gibt, die wir hier beseitigen wollen:
- Als Pfadfinderleiterin und -leiter steht man nicht stets "mit einem Fuß" im Gefängnis. Tatsächlich sind die strafrechtlich relevanten Vorfälle sehr selten zu beobachten, noch seltener Verurteilungen. Der Staat hat ein erhebliches Interesse daran, dass Leiterinnen und Leiter in Jugendorganisationen mitarbeiten. Daher sind Urteile in der Regel nur dann zu befürchten, wenn mit Absicht oder grob fahrlässig gegen Gesetze verstoßen wird.
- Für Schwimmveranstaltungen benötigen die Leiterinnen und Leiter (im Gegensatz zu Lehrerinnen und Lehrern) keinen "Rettungsschwimmerschein" des DLRG. Sie müssen jedoch im Wasser Hilfe leisten können.
- Das sogenannte Pflöcken (Fesseln eines Gruppenkindes am Boden mit Hilfe von Heringen) ist keine geeignete Strafe. Sie stellt zumindest eine Freiheitsberaubung dar und kann daher strafrechtliche Konsequenzen für die Leiterin oder den Leiter nach sich ziehen.
- Die "Verführung Minderjähriger" findet sich im Strafgesetzbuch nicht. Beziehungen und sexuelle Handlungen zwischen (volljährigen) Leiterinnen und Leitern und Gruppenmitgliedern ab 16 Jahren sind in dem oben erläuterten Rahmen nicht strafbar.
- Der Stammesvorstand/die Lagerleitung haftet nicht für alles, was im Lager passiert. Die einzige haftungsrechtliche Besonderheit im Vergleich zu jeder und jedem anderen Leiterin und Leiter ist die, dass sie die Gesamtverantwortung hat. Sie muss sich darum kümmern, dass die äußeren Umstände der Veranstaltung stimmen (z. B. Auswahl des Lagerplatzes oder der anderen verantwortlichen Leiterinnen und Leiter). Setzt der Stammesvorstand z. B. offensichtlich unfähige Leiterinnen und Leiter ein und passiert deshalb ein Schaden, so kann auch er haften.
- Mädchen und Jungen in einem Zelt: Es gibt keine Bestimmung, die das verbietet, sofern es keine Förderung sexueller Handlungen ist. Eine Wölflingsmeute kann unproblematisch zusammen in einer Jurte schlafen.
- Kommt es während des Lagers zu einer Schwangerschaft, so werden zwar die zukünftigen Eltern gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig, keinesfalls muss jedoch die oder der oder die (die Aufsichtspflicht verletzendeaufsichtspflichtverletzende) Leiterin oder Leiter Zahlungen leisten, denn ein Kind ist kein Schaden.
- Aufsichtspflicht bedeutet nicht, 24 Stunden am Tag alle Aufsichtspflichtigen tatsächlich zu sehen.
1 Die Abgrenzung zur erlaubten gesundheitlichen Aufklärung / Fürsorge ist nicht immer leicht. Achtet darauf, was das Ziel ist. Wenn es die gesundheitliche Aufklärung / Fürsorge ist, dann ist die Herausgabe eines Kondoms zulässig.