Eine wesentliche Herausforderung des Leitungsteams besteht darin, die Entwicklung einer eigenen Gruppenkultur zu fördern. Stil und Kultur prägen das Gruppengefühl und geben der Gruppe Strukturen, die dem Einzelnen Geborgenheit, Zuverlässigkeit und Vertrautheit vermitteln.
Stil und Kultur − was braucht es dazu?
An erster Stelle steht die Erkenntnis, dass sich Stil und Kultur in jeder Gruppe eigens entwickeln muss und diese Entwicklung niemals abgeschlossen sein wird. Beides entwickelt sich, solange es die Gruppe gibt. Stil und Kultur passen zu einer Gruppe und nicht umgekehrt, „Look at the child“ ist eine der Grundsätze pfadfinderischer Pädagogik. Äußerlich am auffälligsten sind wiederkehrende Elemente und Rituale, die das Miteinander der Gruppe regeln und gleichzeitig eine vertraute Umgebung schaffen.
Mögliche Elemente von Stil und Kultur
Anfangsrituale
Zu Beginn einer Gruppenstunde oder einer Fahrt stehen ganz bestimmte Rituale, die auch einen deutlichen Startpunkt setzen. Das kann ein gemeinsames Spiel, eine vorgelesene Geschichte oder der Reisesegen sein. Dies ist der offizielle Beginn der Zusammenkunft und kann erst stattfinden, wenn alle anwesend sind. Es gehört auch zu Stil und Kultur, pünktlich zur Gruppenstunde zu kommen. Das gilt auch für das Leitungsteam.
Abschlussrunde
So wie ein Treffen einen deutlichen Beginn hat, muss es auch einen klaren Schlusspunkt haben. Der Abschlusskreis bietet die Möglichkeit, sich von allen zu verabschieden und einige organisatorische Belange unterzubringen. Beim Abschlusskreis fassen sich zum Beispiel alle überkreuzt an den Händen und die Leiterin, der Leiter spricht abschließend ein paar Worte. Die Auflösung des Kreises ist in allen Gruppen unterschiedlich und kann auch wichtiger Bestandteil der Gruppenkultur sein. Auch ein Abschlusslied kann sich zum Ritual entwickeln.
Gesprächsregeln
Eine Gruppe kann nur dann etwas gemeinsam effektiv planen oder besprechen, wenn sie sich an gemeinsame Gesprächsregeln hält, die auch Teil von selbst aufgestellten Gruppenregeln sein können. Derartige Regeln könnten sein:
- andere aussprechen lassen,
- bei der Sache bleiben,
- in der ersten Person sprechen (ich finde das schlecht, weil … statt wir finden das schlecht, weil …),
- jeder darf mal etwas sagen.
Die Regeln setzt sich eine Gruppe selbst nach ihren Bedürfnissen. Wichtig dabei ist, dass sie von allen akzeptiert werden und dass gemeinsam auch auf ihre Umsetzung geachtet wird.
Gestaltung des eigenen Gruppenraumes
Den Gruppenraum gemeinsam mit der Gruppe zu gestalten, sorgt für Gemütlichkeit. Je nach Möglichkeiten können das Möbel sein, die gemeinsam organisiert werden, gemeinsam gestaltete Wände oder andere gemeinsam gestaltete Raumdekoration. Damit erobern sich die Gruppenmitglieder den Gruppenstundenraum als IHREN Raum.
Gruppenname/Gruppenabzeichen
Ein gutes Mittel, die Gruppenzugehörigkeit zu fördern, ist ein Gruppenname, der gemeinsam gefunden wird. Er kann ausdrücken, was der Gruppe wichtig ist oder sich einfach nur gut anhören. Wichtig ist, dass sich alle damit identifizieren können und niemand ausgegrenzt wird („die Wö-Jungs“ – wenn auch Mädchen in der Gruppe sind). Ein eigenes Gruppenzeichen kann ein selbst gestalteter Aufnäher sein oder ein Symbol, dass für die Gruppe steht.
Was ist eine noch so gelungene Aktion, wenn sie nicht gebührend gefeiert wird? Das Fest ist wichtiger Bestandteil der Projektmethode. Nur wenn man das gemeinsam Erreichte auch genießt, hat man die Motivation, etwas Neues zu beginnen. Auch sonst gibt es im Gruppenleben viele Gelegenheiten, gemeinsam zu feiern. Warum nicht Geburtstage der Mitglieder, Jahresfeste und anderes mit gemeinsamen Ritualen feiern (z.B. Geburtstagskinder dürfen sich ein Spiel wünschen, im Advent werden gemeinsam Lieder gesungen)?
Weitere Elemente pfadfinderischer Kultur
Dass wir Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind, merkt man an vielen Elementen auch über die Gruppenstunde hinaus, die zum pfadfinderischen Leben dazu gehören. Dazu einige Anregungen:
Mitbestimmung
Wir sind ein Kinder- und Jugendverband. Es geht nicht darum, dass Leiterinnen und Leiter etwas ausarbeiten und es mit den Kindern durchziehen, die gerade Lust dazu haben. Sondern es geht darum, dass die Kinder und Jugendlichen selbst bestimmen, was passiert. Das tun sie in ihrer Gruppe, aber auch auf Stammesebene.
Die Kinder und Jugendlichen sollen nicht nur pro forma in der Stammesversammlung sitzen, um der Satzung gerecht zu werden. Sie sollen und müssen auch hier mitreden und ihre Wünsche äußern. Das ist allerdings nur möglich, wenn ihnen die Leiterinnen und Leiter eine Chance dazu geben und die Atmosphäre kindgerecht und jugendgerecht gestalten.
Stufenwechsel
Überschreitet ein Kind, eine Jugendliche oder ein Jugendlicher die Altersgrenze zur nächsten Altersstufe, wechselt es bzw. sie oder er in die nächst höhere Gruppe zu einem anderen Leitungsteam. Das hat vor allem den Hintergrund, dass feste Gruppenstrukturen aufgebrochen werden. Bleibt die Gruppe ewig in derselben Konstellation zusammen, sind immer dieselben Kinder die Kleinen und die Großen. Der Stufenwechsel sollte einen würdigen Rahmen erhalten. Das kann eine Aktion sein, die in der alten Gruppe stattfindet (Abschlussparty) oder auch in der neuen Gruppe. In manchen Stämmen findet der Stufenwechsel an einem festen Tag im Jahr statt, an dem alle anstehenden Wechsel im Stamm gleichzeitig durchgeführt und gefeiert werden.
Die Leiterrunde
Jede Leiterin und jeder Leiter soll sich als Mitglied einer Leiterrunde auch in diese einbringen. Deswegen soll die Leiterrunde ein Pflichttermin sein. Neben einer festen Tagesordnung verleihen ein Einstieg und eine Abschlussrunde dem Ganzen einen guten Rahmen, der auch für die nötige Ruhe und Konzentration sorgt.
Ebenso wichtig wie organisatorische Besprechungen sind hier Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches. Und nicht zuletzt soll sich auch die Leiterrunde als eine Gruppe verstehen, die gerne mal etwas zusammen unternimmt.
Weltweite Jugendbewegung
Die Pfadfinderei ist die größte Jugendbewegung der Welt, als Leiterin und Leiter ist man ein Teil davon. Das heißt aber auch, dass an den Stammesgrenzen nicht Schluss ist. Auf jeden Fall sollen Weiterbildungs- und Austauschangebote auf Bezirksebene wahrgenommen werden. Wenn möglich, sollen Leiterinnen und Leiter auch einige Angebote von Diözese und Bund wahrnehmen. Dort gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Pfadfinden auf Großveranstaltungen zu erleben.