Warum brauchen wir Mitbestimmung?
Die Mitbestimmung (Partizipation) von Kindern und Jugendlichen innerhalb unseres Verbandes hat Tradition und gehört zu unseren pfadfinderischen Prinzipien. Mitbestimmung bedeutet, Entscheidungen, die den Gruppenalltag oder das Stammesleben betreffen, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen zu treffen. Das Gruppengeschehen wird von den Interessen und Bedürfnissen der Gruppenmitglieder geprägt. So können Kinder und Jugendliche im Kleinen gelebte Demokratie erfahren.
Wie funktioniert Mitbestimmung in der Gruppe?
Man kann drei Ebenen von Mitbestimmung beschreiben, die aufeinander aufbauen.
I. Kinder und Jugendliche ernst nehmen
Mitbestimmung beginnt, wenn die Leiterin oder der Leiter den Kindern und Jugendlichen zuhört, sich auf sie einlässt und sie ernst nimmt. Deshalb bringen gut gemeinte Einzelaktionen (z.B. kindermitbestimmte Stammesversammlung) erst einmal wenig, wenn im normalen Gruppenalltag das Programm vom Leitungsteam bestimmt wird, und auch sonst die Kinder und Jugendlichen keine Mitbestimmung erleben. Für Kinder und Jugendliche ist es entscheidend, dass:
- Regeln transparent gemacht und gemeinsam entwickelt werden,
- sie sich als gleichberechtigte Partner im Gruppenalltag erfahren,
- ihnen Entscheidungs- und Verantwortungsspielräume zugestanden werden,
- Leiterinnen und Leiter ihnen zuhören und nicht belehren,
- Leiterinnen und Leiter nicht ihre eigenen Interessen durchsetzen, nur weil sie Leiterinnen und Leiter sind.
II. Macht abgeben, Verantwortung teilen
Partizipation bedeutet „Macht“ abzugeben und Verantwortung zu teilen. Die Macht darüber, die Inhalte der Gruppenstunden zu gestalten und eigene Ideen durchzusetzen, die Verantwortung, dass Dinge funktionieren und umgesetzt werden. Konkret heißt das, dass man sich auf die unterschiedlichen Ideen, Wünsche und Anregungen der Gruppe immer wieder neu einlässt und den Veränderungen folgt. Ein starres Festhalten (Das haben wir schon immer so gemacht!) ist kontraproduktiv.
III. Kinder und Jugendliche mischen mit
Erst wenn die beiden vorherigen Punkte beachtet werden, kann Mitbestimmung langfristig gelingen. Für Kinder und Jugendliche ist es frustrierend zu erleben, dass zwar nach ihrer Meinung gefragt wird, diese jedoch nicht umgesetzt oder berücksichtigt wird. Um Mitbestimmung müssen sich die Leiterinnen und Leiter sowie die gesamte Gruppe immer wieder aufs Neue bemühen. Folgende Punkte sind dabei vor allem zu beachten.
- Offenheit: Gibt es Dinge, die vom Leitungsteam nicht offengelegt werden, geheim bleiben? Die Vorstellungen des Leitungsteams oder andere Rahmenbedingungen müssen den Kindern und Jugendlichen transparent gemacht werden. Wenn eine Leiterin oder ein Leiter z.B. bei einer Themenfindung jede Idee schlecht redet, die mit schwimmen zu tun hat, weil er oder sie selbst nicht schwimmen kann, wäre es besser und ehrlicher, dass einfach zu sagen. Mitbestimmung bedeutet, dass Ergebnisse bei Diskussionen, Entscheidungsprozessen nicht schon im Vornherein feststehen dürfen.
- Methodenvielfalt: Mitbestimmung wird nicht durch die einfache Frage „Was wollt ihr denn machen?“ hergestellt. Mitbestimmung braucht eine offene Atmosphäre und Methoden, die es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, herauszufinden, was sie möchten und dies zu formulieren.
- Balance halten: Es ist schwierig, den Grat zu treffen, auf dem man einerseits die Gruppenmitglieder nicht überfordert (z.B. dadurch, dass Planungen, Anforderungen zu offen, zu weitläufig oder zu undurchsichtig sind) und andererseits nicht zu viel vorgibt und damit Mitbestimmung behindert. Die eigene Haltung muss immer wieder kritisch überprüft werden.