Von Anfang an zielte die Pfadfinderbewegung darauf, „zur Entwicklung junger Menschen beizutragen, damit sie ihre vollen körperlichen, intellektuellen, sozialen und geistigen Fähigkeiten als Persönlichkeiten, als verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger und als Mitglieder ihrer örtlichen, nationalen und internationalen Gemeinschaft einsetzen können.“ 3
Dabei sollte sich das Handeln stets an folgenden drei Prinzipien orientieren:
- Verantwortung gegenüber Gott;
- Verantwortung gegenüber anderen;
- Verantwortung gegenüber sich selbst.
Das Pfadfinderversprechen wie auch das Pfadfindergesetz sollten helfen, diese Prinzipien für Kinder und Jugendliche verständlich und nachvollziehbar zu machen. Gesetz und Versprechen wurden von der Weltpfadfinderbewegung eindeutig als pfadfinderische Methode festgelegt und sind heute Bedingung für die Anerkennung als Pfadfinderverband.
An die drei Prinzipien wird auch im Pfadfindergruß erinnert: Wenn die rechte Hand mit ausgestrecktem Ring-, Mittel- und Zeigefinger erhoben und der Daumen auf den kleinen Finger gelegt wird, so symbolisieren die gestreckten Finger die drei Prinzipien und Daumen und kleiner Finger den Grundsatz „Der Große beschützt den Kleinen“. Gerade zum Ablegen des Versprechens erhebt man die Hand in dieser Form, was den engen Zusammenhang von Gesetz und Versprechen zeigt.
Das Pfadfindergesetz
Geschichte
In der DPSG wurden 1930 die ersten – noch stufenspezifischen – Pfadfindergesetze formuliert. Nach vielen Weiterentwicklungen wurden sie 1970 in die Ordnung des Verbandes aufgenommen. 1987 wurde dann im Zuge der Neuformulierung der Ordnung auch das Gesetz neu diskutiert. Die „Grundlinien unserer Lebensauffassung“ traten in der DPSG an die Stelle des bisherigen Pfadfindergesetzes als eine aktuelle und moderne Anpassung dessen.
Als 2005 die Ordnung des Verbandes – angestoßen durch den „update“-Prozess – neu diskutiert und überarbeitet wurde, wurden die „Grundlinien unserer Lebensauffassung“ wieder durch eine moderne Form des Pfadfindergesetzes ersetzt.
Pfadfindergesetz heute
Das Pfadfindergesetz unseres Verbandes heute wurzelt in der Grundorientierung der DPSG, die aus zwei Säulen besteht: den Prinzipien der Weltpfadfinderbewegung und unserer christlichen Lebensorientierung. Das Gesetz soll das eigene Handeln als Pfadfinderin und Pfadfinder leiten. Es besteht aus klaren Regeln, die die Haltung um die es geht, Kindern und Jugendlichen verständlicher machen sollen.
Damit formuliert die DPSG einen hohen Anspruch an ihre Mitglieder. Gerade am Pfadfindergesetz wird deutlich, dass Pfadfindersein mehr bedeutet, als die Zugehörigkeit zu „irgendeiner“ Jugendgruppe. Zum Pfadfindersein gehört eine Grundorientierung, eine Lebenseinstellung, die sich im Pfadfindergesetz widerspiegelt. Dabei geht es nicht darum, dass nur der ein guter Pfadfinder ist, der diese Regeln immer und überall strikt umsetzt. Niemand ist perfekt. Die Regeln sind unsere Grundorientierung und sollen unser Leitgedanke und gleichzeitig unsere Herausforderung sein. Jeder ist gehalten, sich bewusst damit auseinanderzusetzen und seine eigene Haltung zu entwickeln.
Auseinandersetzung mit dem Gesetz in der Gruppenarbeit
Jede Gruppe, egal welcher Stufe, sollte sich mit dem Pfadfindergesetz auseinandersetzen. Oft bietet sich dazu Gelegenheit, wenn die Gruppe oder Einzelne das Versprechen ablegen.
Es reicht sicherlich nicht, die Kinder und Jugendlichen das Gesetz auswendig lernen zu lassen und ihnen zu sagen, dass sie sich daran halten sollen. Im Gegenteil: Kinder und Jugendliche sollten sich durch die Auseinandersetzung mit dem Gesetz und der Haltung, für die es steht, diesem nähern. Schließlich betont die Pfadfinderbewegung den freiwilligen Charakter: Ihre Mitglieder sollen sich durch ihren eigenen freien Willen der Pfadfinderbewegung anschließen und deren Grundlagen akzeptieren. Hilfreich kann es sein, gemeinsam mit der Gruppe die einzelnen Gesetze altersgemäß mit Leben zu füllen. Wie kann das methodisch umgesetzt werden?
In der Gruppe können beispielsweise gemeinsam Situationen gesucht und diskutiert werden, in denen die Gruppenmitglieder nach einzelnen Gesetzen gehandelt haben und wo nicht.
Denkbar ist auch, dass sich jedes Gruppenmitglied das Gesetz heraussucht, das für ihn die größte Bedeutung hat, um sich dann in der Gruppe darüber auszutauschen. Mit älteren Gruppen kann eine Diskussion um den Sinn einzelner Regeln anregend sein, beispielsweise: Warum soll ich einfach und umweltbewusst leben?
Leiterinnen und Leiter sind Vorbilder
Eines allerdings sollte bei der Beschäftigung mit dem Pfadfindergesetz selbstverständlich sein: Das Gesetz ist nicht nur für die Kinder und Jugendlichen geschaffen worden – nur wenn Leiterinnen und Leiter es verinnerlichen und vorleben und damit zeigen, dass es mehr ist als ein Stück Papier, werden ihre Gruppenmitglieder sich ernsthaft damit auseinandersetzen.
Das Versprechen
In unserer Ordnung heißt es „Das Gesetz der Pfadfinderinnen und Pfadfinder und das Versprechen sind Methoden, um die Haltung von Mitgliedern der DPSG in einer verständlichen Form auszudrücken“. Das Versprechen dient dazu, die individuelle Haltung eines jeden Mitglieds für sich herauszufinden und zu reflektieren, um sie dann mit dem Versprechen auszudrücken. Das pfadfinderische Element „Versprechen“, das weltweit gepflegt wird, unterscheidet uns von anderen Vereinen und Organisationen. Die Versprechenden, die Gruppe und das Leitungsteam erkennen sich gegenseitig als gleichwertige Partner an, auf einem Stück gemeinsamen Weges – unabhängig vom Alter der Beteiligten.
Warum?
Der Sinn des Versprechens ist ein mehrfacher: Die und der Versprechende muss sich erst einmal darüber klar werden, was sie oder er denn versprechen will – und prüfen, ob dieses mit den Orientierungen und Werten der DPSG im Einklang steht. Die Gruppe und die Leiterinnen und Leiter müssen sich ihrerseits Gedanken zu den Versprechenden machen, denn sie sollen die einzelnen Mitglieder auf ihrem Weg begleiten und unterstützen. Diese Verpflichtung gehen alle ein, indem sie das Versprechen abnehmen! Außerdem fördert die Versprechensfeier den Gruppenzusammenhalt und ist ein festlicher Höhepunkt im Gruppenleben.
Was?
Seitens der DPSG gibt es keine verbindliche, festgelegte Versprechensformel. Daher ist jedes Mitglied aufgefordert, sein eigenes Versprechen zu formulieren. Allerdings müssen im Versprechen die drei Prinzipien der Weltpfadfinderbewegung berücksichtigt werden: die Verantwortung gegenüber Gott, die Verantwortung gegenüber den anderen und die Verantwortung gegenüber sich selbst. Die Pfadfinderin, der Pfadfinder in der DPSG ist also aufgefordert, der christlichen Botschaft zu folgen, an der Gestaltung von Kirche und Gesellschaft mitzuwirken und an seiner eigenen Weiterentwicklung zu arbeiten. Kirche und Gesellschaft sind schon die wöchentlichen Gruppenstunden und auch die Familie, der Freundeskreis, die Schulklasse usw. (siehe zu den drei Prinzipien auch die Ordnung, Kapitel 4).
Wann?
Die DPSG-Mitglieder sollen in jeder Stufe ein Versprechen ablegen, dies jedoch weder zu früh, noch zu spät. Die Gruppenmitglieder müssen sich schon einigermaßen gut kennen und miteinander insoweit vertraut sein, dass sie einander einschätzen können (was ist ernst gemeint und was nicht). Sie müssen bereits das Vertrauen gewonnen haben, dass das gegebene Versprechen nicht womöglich lächerlich gemacht wird. Andererseits soll das Versprechen am Anfang eines persönlichen Entwicklungsweges stehen, weshalb es witzlos ist, es erst kurz vor dem Abschied in die nächste Stufe abzulegen.
Einen für alle Gruppen gleichermaßen idealen Zeitpunkt kann man also nicht benennen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass Versprechensvorbereitungen und -feiern gegen Ende von Sommerfahrten, also in Zeiten intensiven Zusammenlebens, mit besonders großer Ernsthaftigkeit, Freude und Würde von den Gruppen begangen werden.
Worauf hin?
Für die Vorbereitung des Versprechens ist es notwendig, dass die Gruppe und die Einzelnen Zeit bekommen. Die Versprechenden sollen sich mit sich selbst auseinandersetzen im Hinblick auf die Ziele, Werte, Ansprüche und auch Möglichkeiten der Gruppe, der DPSG und der internationalen Pfadfinderbewegung. Ist man bereit Verantwortung gegenüber Gott, den anderen und sich selbst zu übernehmen? Und wenn ja, wie weit? Inwiefern möchte man unterwegs sein in Wahrheit und Glauben, Sehnsucht und Hoffnung? Was ist man bereit für Freiheit und Gerechtigkeit, Liebe und Solidarität zu geben? (Vgl. Ordnung Kapitel 4) Kann ich dem Pfadfindergesetz folgen und wo brauche ich Unterstützung dabei?
Sich über diese und möglicherweise auch weitere Fragen Gedanken zu machen und Klarheit zu bekommen, bedarf ausreichender Zeit, oft des Gesprächs mit den anderen Gruppenmitgliedern und den Leiterinnen und Leitern. Die Leiterinnnen und Leiter müssen dafür sorgen, dass jede und jeder so viel Raum und Zeit bekommt und sich nimmt, wie sie oder er benötigt. Eine normale Gruppenstunde dürfte dafür nicht ausreichen und würde der Bedeutung des Versprechens nicht gerecht.
Wie?
Abgelegt werden sollte das Versprechen in einem feierlichen Rahmen. Dies ist nämlich Ansporn für alle Beteiligten, sich wahrhaft Mühe zu geben und das Versprechen ernst zu nehmen. Die Bedeutung des Versprechens wird damit unterstrichen. Wenn es gelingt, die Versprechensfeier an einem besonderen Ort zu begehen, dann wird auch dadurch das Einmalige des Versprechens für jeden betont.
Wer noch?
Auch Leiterinnen und Leiter sind herzlich eingeladen ein Versprechen abzulegen. Denn auch für die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter gilt, dass sie sich auf einem Weg der Weiterentwicklung befinden, auf dem sie wiederum von ihren Gruppen und der Leiterrunde begleitet werden. Auch die Leiterinnen und Leiter haben ihre Verpflichtungen gegenüber Gott, den anderen und sich selbst. Sich diesen stellen und sich zu ihnen bekennen, kann eine Leiterin / ein Leiter sowohl mit und vor seiner Gruppe als auch seiner Leiterrunde.
3 Pfadfinden-Lexikon, Stichwort„Weltpfadfinderbewegung“