Kindermitbestimmung bzw. Partizipation ist ein fest verankertes pädagogisches Prinzip innerhalb der DPSG. Es findet  sich in unseren Strukturen und bei der Stufenpädagogik wieder (Stammesversammlung, Trupprat etc.). Auch bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen sollte Partizipation eine große Rolle spielen.

Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gelingt am einfachsten bei Unternehmungen, die nur mit der Meute/dem Trupp/der Runde geplant werden. In diesem Fall ist das Sommerlager das Projekt einer bestehenden Gruppe und die Kinder und Jugendlichen können von Anfang an Vieles mitbestimmen, entscheiden und vorbereiten. Ähnlich wie bei der Durchführung von Gruppenstunden muss man als Leiterin und Leiter in der Lage sein, dabei zu motivieren, zu animieren und zu begleiten.

Etwas schwieriger erscheint die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zum Beispiel bei Stammeslagern. Um Kinder mitbestimmen zu lassen, kann man Strukturen wie den Lagerrat einrichten. Die Verlockung bei Stammeslagern besteht häufig darin, alles von der Stammesleitung bzw. der Stammesleiterrunde entscheiden zu lassen, da dies im ersten Moment einfacher erscheint. Dabei können schon im Vorfeld Meinungen und Ideen aus den Meuten/Trupps oder der Runde eingeholt und auf einer Stammesversammlung gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kinder- und Jugendstufen Entscheidungen getroffen werden.

Wenn die Kinder und Jugendlichen von Anfang an einbezogen sind, fühlen sie sich viel stärker für die Maßnahme mit verantwortlich als sie es sonst tun würden. Es ist ihr eigenes, unverwechselbares Sommerlager, das sie mitgestalten. Sie erleben sich nicht als Teilnehmende, die ein vorgesetztes Programm konsumieren.

Die Kindermitbestimmung wird uns in den folgenden Kapiteln immer wieder begleiten und es werden Möglichkeiten ihrer Umsetzung aufgezeigt.

 

Das Lager als Projekt

 

Gerade für Jugendliche der Pfadfinder- und Roverstufe kann die Planung, Durchführung und Nachbereitung eines Lagers ein eigenständiges Projekt sein. Sie planen ihre Fahrt zum größten Teil eigenverantwortlich. Dabei geht es nicht nur um die Fahrt oder das Lager an sich. Es ist sinnvoll, dem Lager einen inhaltlichen Schwerpunkt zu geben. So können gesellschaftliche und soziale Aspekte im Mittelpunkt stehen, aber auch zum Beispiel bestimmte ökologische Gegebenheiten eines Landstriches oder Gebietes. Ein Lager zu planen stellt für die Jugendlichen eine große Herausforderung dar. Sie müssen Verantwortung übernehmen und sind mitverantwortlich für das Gelingen.

Die Leiterin und der Leiter sollten die Planungen zwar begleiten, Aufgaben aber nur im Rahmen eines partnerschaftlichen Handelns übernehmen. Zuschüsse zu beantragen und Versicherungen abzuschließen, sind Dinge, die in erster Linie nur eine volljährige Leiterin oder ein volljähriger Leiter übernehmen kann.

In der Regel sind es die selbst geplanten Fahrten und Lager, von denen noch Jahre später erzählt wird. Der eigene emotionale Anteil, die persönliche Einbindung und die daraus entstehende Eigendynamik ist auch für den anschließenden Gruppenalltag nicht zu unterschätzen.

 

 

Organisation einer Maßnahme

 

Für die Organisation einer Maßnahme gibt es keinen festen Zeit- oder Programmplan, der unbedingt eingehalten werden muss. Die folgende Checkliste ist eine  Hilfestellung, damit ihr keine wichtigen Punkte vergesst, in Zeitdruck geratet oder euch erst beim Lager auffällt, dass etwas Wesentliches vergessen wurde.

 

Checkliste zur Planung und Durchführung  einer Maßnahme

 

12 bis 8 Monate vorher:

  • Verantwortungen und Zuständigkeiten klären (Lagerleitung, Finanzen, Küche, Anmeldung etc.)
  • Reisedaten festlegen
  • Zielort festlegen und Infos darüber einholen
  • Platz buchen
  • Reisemittel klären und buchen (Bus, Bahn, Fahrrad…)

 

8 bis 5 Monate vorher:

  • Kalkulation erstellen
  • Elternbrief
  • Anmeldebögen verteilen
  • Materialtransport sicherstellen
  • ggf. Vortour unternehmen
  • Zuschüsse beantragen/sich erkundigen

 

5 bis 2 Monate vorher:

  • Elternabend durchführen
  • Taschengeld festlegen
  • Programm planen, Tagesablauf festlegen, Regenprogramm überlegen
  • Versicherungen abschließen
  • Materialcheck, ggf. Rüsthaus- Bestellung oder Reparaturen
  • Erste-Hilfe-Kurse absolvieren

2 bis 0 Monate vorher:

  • Essensplanung und -einkauf
  • Lagerregeln aufstellen
  • Lagerapotheke prüfen
  • Material packen
  • Gesundheitsbögen, Kopie des Impfpasses und Anmeldungen einsammeln
  • Lageplan der Zelte, Aufteilung auf Schlafzelte
  • Bargeld abheben

Während der Maßnahme:

  • Krankenkassenkarten einsammeln
  • eventuell Taschengeld einsammeln
  • Lagerrat einrichten
  • Zuschusslisten ausfüllen und unterschreiben lassen
  • Reflexion mit allen
  • Material säubern und sortieren

 

0 bis 2 Monate nachher:

  • Material wieder einräumen
  • Abrechnung der Maßnahme
  • Zuschusslisten und Programme abgeben
  • Pressebericht an lokale Medien mit Fotos
  • Reflexion im Leitungsteam
  • Nachtreffen (Fotos oder Film anschauen, eventuell mit Eltern)

 

 

Internationale Maßnahmen

 

Innerhalb der pfadfinderischen Erziehung haben internationale Begegnungen eine besondere Bedeutung und Tradition. In der Vergangenheit haben Begegnungen mit Pfadfinderinnen und Pfadfindern aus vielen Ländern stattgefunden, und zwar nicht von der Bundesebene organisiert, sondern auch auf Diözesan-, Bezirks- und Stammesebene. Einige Stämme haben feste Partnerstämme in einem anderen Land und besuchen sich regelmäßig.

Falls ihr gerne eine internationale Begegnung durchführen möchtet, euch aber die notwendigen Kontakte fehlen, kann euch das Auslandsamt im Bundesamt der DPSG weiterhelfen. Aufgrund der über 50-jährigen Freundschaft von DPSG und Scouts et Guides de France gibt es in der Bundesleitung ein spezielles Referat für deutsch- französische Zusammenarbeit, über das ihr Kontakte nach Frankreich aufnehmen könnt.

Bei internationalen Maßnahmen tauchen viele weitere Fragen auf, die bei einer „normalen“ Maßnahme nicht entstehen: Wie soll das Zahlenverhältnis von uns zu unseren Partnerinnen und Partnern sein? Wie organisieren wir die Kooperation? In welcher Sprache können wir uns verständigen? Kümmern wir uns gemeinsam um das  Programm?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen bietet das Buch „Internationale Begegnungen“ von Alfons Scholten (siehe Literaturverzeichnis  im Anhang).

 

 

Möglichkeiten  der Kindermitbestimmung

 

Gerade bei der inhaltlichen und organisatorischen Planung eines Lagers kann man die Kinder und Jugendlichen sehr gut einbeziehen.

 

Bestimmung des Ortes:

Die Kinder und Jugendlichen können formulieren, was der Ort bzw. Lagerplatz ihnen bieten soll, auf den sie fahren wollen (z.B. See in der Nähe, Möglichkeit zum Wandern oder Kanu fahren). Danach können in der Gruppe gemeinsame Kriterien für den Lagerplatz aufgestellt werden. Die Gruppe kann dann gemeinsam überlegen, welche Länder oder Orte diese Kriterien erfüllen. Arbeitsteilig können die Kinder/Jugendlichen und die Leiterinnen und Leiter Informationen über einige Orte einholen (zum Beispiel über das Internet oder andere Stämme) und diese in der nächsten Gruppenstunde präsentieren. Die endgültige Entscheidung sollte dann natürlich auch gemeinsam gefällt werden!

 

Festlegung des Programms:

Warum die Kinder und Jugendlichen nicht auch Programmteile aussuchen und vorbereiten lassen? Sicherlich kann man als Leiterin und Leiter einige Dinge auch ohne die Kinder/Jugendlichen vorbereiten, um ein wenig Spannung im Lager aufrecht zu erhalten. Dennoch ist es möglich, dass Kinder und Jugendliche mit der Unterstützung der Leiterinnen und Leiter Teile des Programms vorbereiten und durchführen.

Es kann ein gemeinsames Motto festgelegt werden, welches die Kinder interessiert (z.B. Mittelalter, Piraten, Zirkus,…). Ein Motto beflügelt die Fantasie! In den Jugendstufen wird ein Motto manchmal als zu albern empfunden. Man kann hier die Jugendlichen entscheiden lassen, ob sie ein Motto wollen.

 

Sonstiges:

Die Kinder und Jugendlichen können formulieren, was ihnen außerdem bei dem Lager wichtig ist – z.B. bei der Gestaltung des Speiseplans, bei Spül- und Putzdiensten etc. Bei der Mitbestimmung sollte man eines dringend beachten: Wenn man die Kinder und Jugendlichen nach ihrer Meinung fragt oder sie eine Sache entscheiden lässt, dann sollte man sie und ihre Entscheidungen auch ernst nehmen.

 

Stil und Kultur im Lager

 

Jeder Stamm besitzt seine ureigenen Traditionen. Gerade während eines Lagers kann man so den Kindern und Jugendlichen Eckpunkte des Zusammenlebens und sowohl inhaltlichen als auch ganz handfesten Rahmen für ein gelungenes Lager vermitteln.

 

Gestaltung des Lagerplatzes

Nicht jeder darf irgendwie und überall sein Zelt platzieren. Ein Lager sollte einen „dörflichen“ Charakter haben. Die Trupps, Runden und Meuten haben ein Anrecht auf ein wenig „Privatsphäre“ in ihrer Gruppe. Sie können sozusagen ihr eigenes kleines Dorf mit kleinem Versammlungsplatz gründen, eingebunden in das große Lager, die „Stadt“.

 

Lagerbauten

Wichtig sind innerhalb eines großen Lagers zentrale Punkte, die räumliche Orientierung geben können: Der große Versammlungsplatz, eventuell mit einer große Jurte oder einem anderen „Versammlungszelt“, der Bannermast, ein Lagertor oder andere Lagerbauten.

Auch der „Donnerbalken“ gehört zu den wichtigen Lagerbauten, falls keine andere Toilette auf dem Platz ist.

 

Gemeinsame Mahlzeiten

An zentraler Stelle sollte auch das Küchenzelt stehen, wo gemeinsam die Mahlzeiten vorbereitet werden. Das gemeinsame Kochen und Essen hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Beginnt die Mahlzeit gemeinsam mit einem Gebet, einem Lied oder einem traditionellen Spruch.

 

Die Kinder sollten zuerst mit Essen versorgt werden.

Rücksicht und gutes Benehmen kann man vor allem während der Mahlzeiten gut einüben. Erst wenn alle satt sind, könnt ihr – wieder gemeinsam – die Mahlzeit beenden und erst dann dürfen alle den Tisch verlassen.

 

Morgen- und Abendrunden

Morgen- und Abendrunden sollten selbstverständlich zum Lagerleben dazugehören. Man beginnt gemeinsam den Tag und lässt ihn auch gemeinsam ausklingen. Die Möglichkeiten sind unendlich. Es kann ein Spiel, ein Lied, eine Geschichte, ein Gebet sein oder auch ein nächtlicher Fackellauf mit Impulsen, eine Sonnenaufgangs- oder -untergangswanderung sein, ein Ausblick in die Sterne am Himmel o. ä. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. In die Vorbereitung kann man jede Meute, jeden Trupp und jede Runde miteinbeziehen.


Gottesdienste

Gottesdienste oder zumindest ein Gottesdienst sollten in keinem Lager fehlen. Auch wenn kein Priester zur Stelle ist – an Gott denken, ihm danken und ihn um etwas bitten, kann man auch ohne Priester. Auch hier ist wieder die  Fantasie gefragt. Ihr könnt eine Begebenheit, einen Gegenstand, einen besonderen Ort in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Daran können sich alle Gruppen aktiv beteiligen. Der Gottesdienst ist nicht losgelöst vom gemeinsamen Lagerleben, sondern gehört als fester Bestandteil dazu. Deshalb kann man dort auch ganz alltägliche Dinge des Lagerlebens aufgreifen.

 

 

Feuerrunden

Das Lagerfeuer ist ein zentraler Punkt in jedem Lager. Abendliche Feuerrunden gehören als fester Programmbestandteil zu jedem Lager. Dort kann man gemeinsam singen, spielen und Geschichten erzählen. Man sollte darauf achten, dass jede Altersgruppe zu ihrem Recht kommt: Es sollte z.B. beaufsichtigte „Kokelzeiten“ für Wölflinge geben, in denen die Leiterinnen und Leiter ihnen den richtigen Umgang mit dem Feuer zeigen, damit sie sich nicht verletzen.

Feuerrunden sind auch immer ein schöner Rahmen für Versprechensfeiern.

 

Ordnung und Sauberkeit

Jede Zeltgemeinschaft ist für die Ordnung in ihrem Zelt verantwortlich. Hierfür sollten Besen und Kehrschaufel zur Verfügung stehen. Schuhe müssen am Zelteingang ausgezogen werden. Manche Stämme verteilen täglich Punkte für das ordentlichste Zelt und loben in der Mitte und am Schluss eines jeden Lagers Preise aus.

Gerade bei den Jüngeren sollte man darauf achten, dass die regelmäßige Hygiene nicht zu kurz kommt und dass die Kleidung gewechselt wird.

 

Lagerregeln und Motto

Die Lagerregeln kann man schon im Vorfeld mit den einzelnen Gruppen erarbeiten. Man kann sie natürlich noch im Lager ergänzen. Es ist sinnvoll, die Lagerregeln beim Elternabend vor dem Lager zu präsentieren. So wird klar, dass im Lager nicht alles erlaubt ist. Das kann wesentlich zur Beruhigung der Eltern beitragen. Auch das Motto kann man an dieser Stelle präsentieren.

 

 

Der Elternabend

Auf dem Elternabend sollten die Eltern ausführlich über die Gegebenheiten des Lagers informiert werden. Das können die inhaltlichen Schwerpunkte, Dinge des täglichen Zusammenlebens (Lagerregeln), Erreichbarkeit von Krankenhäusern, Vorhaben etc. sein. Jede Leiterrunde sollte die Chance nutzen, mit den Eltern noch Absprachen zu treffen, die einzelne Kinder betreffen. Das können Besonderheiten sein, wie zum Beispiel bestimmte Medikamente, die ein Kind einnehmen muss oder Verhaltensweisen und wie man auf diese reagieren muss, wenn z.B. ein Kind  schlafwandelt.

Je transparenter die Vorhaben und die Vorbereitungen werden, desto beruhigter werden die Eltern sein.

 

Inhaltliche  Nachbereitung

 

Im Leitungsteam und in der Gruppe sollte das Lager ausgiebig reflektiert werden. Dinge, die gut gelaufen sind, und Dinge, die schlecht gelaufen sind, sollten aufgezeigt werden. Jeweils sollte man fragen, warum etwas gut und etwas schlecht gelaufen ist. Die so entstehenden Quintessenzen sollten gesichert und bei der Planung  für das nächste Lager bedacht werden. Auch kann man nach einem Lager noch einmal ein besonderes Augenmerk auf die Gruppendynamik der einzelnen Gruppen, aber auch auf die Zusammenarbeit der Leiterrunde richten. Knackpunkte können so bearbeitet werden.

 

 

Abrechnung, Finanzen und Zuschüsse

 

Bereits frühzeitig solltet ihr euch Gedanken zur Finanzierung des Lagers machen. Ziel sollte sein, dass die Kinder nur so viel bezahlen, wie unbedingt nötig, um allen Kindern zu ermöglichen mit ins Lager zu fahren. In vielen Stämmen sind soziale Ermäßigungen für Kinder und Jugendliche aus finanziell schwachen Familien oder für Geschwisterkinder üblich.

In der Stammesleitung bzw. Leiterrunde solltet ihr klären, ob die Leiterinnen und Leiter einen finanziellen Beitrag zum Lager leisten wollen, und wenn ja, wie hoch dieser sein soll.

Bei Reisen in ferne Länder (z.B. mit der Roverrunde), die natürlich teurer sind als ein Sommerlager in Deutschland, kann man bei der Mittelbeschaffung durchaus kreativ werden. Gemeinsame Aktionen mit der Gruppe, die Spaß machen und Geld für das Sommerlager bringen, gibt es viele: Weihnachtsbaum-Verkauf, Auto-Wasch-Aktion, Einkaufsservice für ältere Menschen, Rasen mähen, Flohmarkt organisieren, sich als Umzugshelfer/innen engagieren lassen etc.

So lässt sich auch die unmöglichste Idee möglich machen!

 

 

Finanzierungsplan  einer Maßnahme

 

Bei der Kalkulation eines Lagers kann euch dieser Finanzierungsplan helfen, alle Aspekte zu berücksichtigen – ihr könnt natürlich den ein oder anderen Punkt streichen, wenn er nicht auf eure Maßnahme zutrifft. Achtet darauf, dass ihr euch  einen Puffer für eventuelle Notfälle einkalkuliert. Zum Beispiel kann durch Sturmschäden die Neuanschaffung eines Zeltes im Lager notwendig werden oder die Ausgaben der Lebensmittel übersteigen den kalkulierten Wert. Auch kann es sein, dass Zuschüsse geringer ausfallen, als ihr sie eingeplant habt. Es ist sinnvoller, den Teilnehmenden im Anschluss an ein Lager den Überschuss auszuzahlen, als aus der Stammeskasse zuschießen zu müssen.

 

 

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