“Da hättet ihr aber mal besser aufpassen müssen” spricht die Mutter den Stammesvorstand nach dem Stammestag an. “Toms Brille ist total verbogen und hat sogar einige Kratzer auf dem Glas. Ich denke, dass muss der Stamm bezahlen, oder?“ Ebenso meldet sich die Mutter von Maike: „Das Mobiltelefon von Maike ist kaputt aus dem Sommerlager wiedergekommen! Wir hatten es ihr für Notfälle in ihre Tasche gepackt und nun hat das Display einen Riss und es scheint Feuchtigkeit im Gerät zu sein!“.
Haben die Eltern von Tom und Maike Recht? Hätten die Leiterinnen und Leiter dies verhindern müssen und haben vielleicht ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt? Oder muss der Stamm eine Haftpflichtversicherung haben, die in solchen Fällen den entstandenen Schaden zahlt?
Solche oder ähnliche (versicherungs-)rechtliche Fragen werden sicherlich vielen Stammesvorständen begegnen. Wenn sie nicht von Eltern gestellt werden, so sind es vielleicht Leiterinnen und Leiter, Kinder oder andere Personen, die an den Vorstand mit diesen Fragestellungen herantreten. Auch wenn im Rahmen der Modulausbildung im entsprechenden Baustein schon viele Punkte angesprochen werden, so zeigen sich in der Praxis oftmals Situationen, die viele Fragen aufwerfen.
Das wichtigste direkt zu Beginn: Der gewählte Stammesvorstand ist mindestens mitverantwortlich für alle Vorgänge, die in Bezug auf das Stammesleben passieren. Auch wenn er weitere Personen mit einzelnen Aufgaben betraut (zum Beispiel der Kassenführung oder der Ausbildung), ist es trotzdem der Vorstand, der den Stamm nach außen (also zum Beispiel gegenüber der Kirchengemeinde, der Stadt, der Bezirksebene, dem BDKJ, dem Finanzamt, …) vertritt und verantwortlich ist.
Diese einleitenden Worte sollen keineswegs Angst schüren oder den Satz „Als Gruppenleiterin, Gruppenleiter oder Vorstand steht man immer mit einem Bein im Knast“ bestätigen, sondern genau das Gegenteil bewirken. Vorstände haben eine hohe Verantwortung und müssen sich dieser Verantwortung bewusst sein. Wenn zu diesem Bewusstsein noch grundlegendes Wissen hinzukommt, werden die meisten Situationen souverän gelöst werden können. Hierzu mehr in Kapitel 8.4, in dem es um eingetragene Vereine geht.
Und zu den Eltern von Tom und Maike sei schon an dieser Stelle erwähnt: in der Regel weisen Stämme darauf hin, dass Mobiltelefone, Laptops, etc. nicht mitzugeben sind. Werden sie trotzdem mitgegeben, so sind diese Gegenstände ohne eine Zusatzversicherung nicht versichert und das Risiko trägt die Besitzerin oder der Besitzer. Bei der Brille verhält es sich etwas anders, denn selbstverständlich sollen alle Teilnehmenden auch richtig sehen können. Wurde der Schaden durch eine andere Person verschuldet (z.B. durch Herunterwerfen, unabsichtliches Drauftreten), so handelt es sich um einen Haftpflichtschaden und sollte von der Haftpflichtversicherung der verursachenden Person übernommen werden. Bei Eigenverschulden kann man dies der eigenen Versicherung melden.