Definition

Prävention begegnet uns in unserem Alltag an vielen Stellen. Sei es der Bereich der Gesundheitsprävention, Suchtprävention oder auch Gewaltprävention. So viele verschiedene Präventionsbegriffe es gibt, so viele verschiedene wissenschaftliche Definitionen gibt es. Im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt hat sich der Präventionsbegriff des Psychiaters Gerald Caplan etabliert. Dieser unterscheidet drei Arten der Prävention: die primäre, die sekundäre und die tertiäre Prävention. 

Primäre Prävention ist gleichzusetzen mit Vorbeugen. Wenn im Allgemeinen über Prävention gesprochen wird, ist in der Regel primäre Prävention gemeint. Primärprävention hat das Ziel, sexualisierte Gewalt gar nicht erst entstehen zu lassen. 

Sekundäre Prävention setzt da an, wo grenzverletzendes Verhalten bereits aufgetreten ist, kann also als Intervention verstanden werden. Ziel ist hierbei, wiederholte Grenzverletzungen zu verhindern bzw. Schlimmerem vorzubeugen. 

Tertiäre Prävention ist gleichbedeutend mit Rehabilitation und zielt vor allem darauf ab, Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind, zu vermindern.1

In der DPSG gehen wir von einem ganzheitlichen Präventionsbegriff aus und verstehen auch Intervention und Rehabilitation als Teile der Prävention. Dennoch folgen wir bei den Begrifflichkeiten der Umgangssprache. Wenn im Folgenden also von Prävention gesprochen wird, ist damit die Primärprävention gemeint. 

Prävention mit Kindern und Jugendlichen

Neben der strukturellen Verankerung von Prävention in beispielsweise der Ausbildung von Leiterinnen und Leitern, gibt es gezielte Präventionsansätze, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen sollen, sich besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. 

Dabei gibt es acht Regeln, die Kinder und Jugendliche gemeinsam mit den Leiterinnen und Leitern in den Gruppenstunden lernen sollen. 

  1. Mein Körper gehört mir!
  2. Ich kann mich auf meine Gefühle verlassen und ihnen vertrauen!
  3. Es gibt gute, schlechte und komische Berührungen!
  4. Ich darf „Nein“ sagen!
  5. Es gibt gute und schlechte Geheimnisse!
  6. Ich darf Hilfe holen und darüber sprechen, auch wenn es mir ausdrücklich verboten wurde! 
  7. Kein Erwachsener hat das Recht, Kindern Angst zu machen!2
  8. Ich bin nicht schuld!

Leiterinnen und Leiter sollten Kinder und Jugendliche dazu ermutigen, ihre eigenen Gefühle und auch Grenzen wahrzunehmen und diese zu äußern. Damit sich die Kinder und Jugendlichen ernst genommen fühlen, ist es wichtig, dass die Leiterinnen und Leiter die Interessen, Bedürfnisse und Grenzen der Kinder respektieren und auf diese eingehen. So werden Kinder und Jugendliche darin unterstützt, sich zu selbstbewussten Persönlichkeiten zu entwickeln. 

Doch auch Kinder und Jugendliche mit lauter Stimme und gesundem Selbstvertrauen können Opfer sexualisierter Gewalt werden. Wenn ein Kind, eine Jugendliche oder ein Jugendlicher Opfer von sexualisierter Gewalt geworden ist, trägt niemals sie oder er selbst die Schuld. Die Verantwortung dafür liegt immer bei den Erwachsenen. 

Damit Kinder und Jugendliche sicher und frei aufwachsen können, müssen Leiterinnen und Leiter ihnen auch die entsprechenden Freiräume schaffen. So ist ein Ziel des Bausteins, Leiterinnen und Leitern Handwerkszeug mitzugeben, damit sie Kinder und Jugendliche dazu befähigen, die eigenen Grenzen zu erkennen und sie entsprechend auch zu äußern. 

Weiter müssen Leiterinnen und Leiter in der Lage sein, Gewalt und potentiell gefährliche Situationen als solche erkennen zu können. So können sie solche Situationen bestenfalls verhindern oder zumindest angemessen reagieren. 

Stand 12.04.2017




1 Marquardt-Mau, Brunhilde: Prävention in der Schule. In. Bange, Dirk / Körner, Wilhelm (Hrsg.): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch. Göttingen u. a. 2002, S. 439.

2 Bange, Dirk: Prävention mit Kindern. In: Bange, Dirk / Körner, Wilhelm (Hrsg.): Handwörterbuch Sexueller Missbrauch. Göttingen u. a. 2002, S. 447 – 448.  

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