9. Prävention sexualisierter Gewalt

9.1 Warum ist die DPSG hier gefordert?

9.2 Führungszeugnisse, Vereinbarungen und Formalia zum Bundeskinderschutzgesetz

9.3 Erweiterte Führungszeugnisse, Vereinbarungen und Formalia zum Bundeskinderschutzgesetz

9.4 Aufgaben des Vorstands bei der Prävention sexualisierter Gewalt

9.5 Institutionelle Schutzkonzepte (ISK) 

9.6 Umgang mit Kritik an den Bestimmungen zum Bundeskinderschutzgesetz

9.7 Die Selbstverpflichtungserklärung

9.8 Der Verhaltenskodex

9.9 Datenschutz und erweiterte Führungszeugnisse

9.10 Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?

9.11 Mögliche Quellen für Unterstützung

 

 

Wie bereits zum Thema Aufsichtspflicht beschrieben, versuchen Leitende und Vorstände sicherzustellen, dass überhaupt kein Schaden eintritt. Weder die Aufsichtspflichtigen, also die Kinder und Jugendlichen, sollen einen Schaden erleiden, noch sollen diese selbst einen Schaden verursachen. Diese sogenannte präventive Sicht (von lateinisch „präveniere“ = vorhergehen) ist insbesondere in den letzten Jahren auch im Bereich sexualisierter Gewalt relevant geworden. Baden-Powell sagte einst: „Sexualität ist universell in allen Lebensformen. Sexualität ist keine Sünde. Sünde entsteht, wenn Sexualität missbraucht wird.“[1] Das Zitat macht deutlich: In diesem Kapitel geht es nicht um die Verhinderung von Sexualität, sondern um die Verhinderung des Missbrauchs von Sexualität und um die Verhinderung von sexualisierter Gewalt.

Es werden an dieser Stelle nicht die Inhalte der Präventionsschulungen

erneut dargestellt, denn insbesondere dieser Teil der Ausbildung sollte mittlerweile bei allen Leitenden, auf jeden Fall aber bei Vorständen, vorauszusetzen sein.

Neben den Inhalten der Bausteine 2d und 2e finden sich zum Thema vielfältige Informationen auf den Homepages der DPSG, des BDKJ, des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR), der jeweiligen Bistümer und vieler anderer Ebenen, wie z.B. der Landesebene, der Jugendringe und weiterer Stellen.

Die Vorstände wirken mit bei der Aufgabe des Schutzes der Kinder und Jugendlichen, aber auch der Leiterinnen und Leiter und aller weiteren Menschen im Stamm und im Verband.

Den Vorständen in der DPSG kommen beim Thema Prävention sexualisierter Gewalt spezielle Aufgaben zu. Trotz aller Gesetze und Vorschriften ist es wichtig, sich nicht verunsichern zu lassen, sondern alle Fragen aktiv anzugehen. Mit den vorhandenen Informationen und Ansprechpersonen lassen sich Unsicherheiten gut beantworten.

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9.1 Warum ist die DPSG hier gefordert?

Die DPSG hat im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt vielfältige Aufgaben aus vielfältigen Motiven. Es gilt einerseits sicherzustellen, dass Menschen, die Opfer für sexuelle Übergriffe suchen, in der DPSG keinen Platz finden. Hier gilt es gute Strategien zu entwickeln, um den Verband und seine Untergliederungen bestmöglich zu sichern, sodass es möglichst schwerfällt, dass diese Personen eine Funktion in der DPSG übernehmen können.

Außerdem ist wichtig, dass Vorstände, Leiterinnen und Leiter wichtige Bezugspersonen für die Kinder, Jugendlichen und erwachsenen Mitglieder des Verbandes und damit Vorbilder und Ansprechpersonen sind.

Es ist insbesondere wichtig, eine sogenannte „Kultur der Achtsamkeit“ aufzubauen. Achtsamkeit bedeutet dabei nicht, dass sich die Mitglieder gegenseitig überwachen sollen. Gemeint ist eine Kultur, in der schwierige Situationen der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen erkannt und thematisiert werden können und auch werden. Durch diese Achtsamkeit wird es Menschen mit der Absicht (sexuelle) Übergriffe durchzuführen deutlich erschwert, in die DPSG zu gelangen und sich zu etablieren. Weiterhin werden insbesondere die Kinder und Jugendlichen innerhalb der DPSG geschützt, da sie von einander und auch gemeinsam mit ihren Leitungskräften lernen, was es heißen kann, eigene Grenzen wahrzunehmen und selbstbewusst einzufordern, sich Hilfe zu holen und sich gegenseitig zu unterstützen. Ganz besonders wichtig sind hier Grenzverletzungen, bei denen bewusst oder oftmals unbewusst Grenzen durch andere Personen überschritten werden. Die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren, wenn sie überschritten wurden, Grenzen auch bei anderen Personen zu erkennen und zu wahren, Rückmeldungen anzunehmen, einen gemeinsamen Umgang auszuhandeln – all dies sind Bausteine in der Erziehung zu verantwortungsvollen, selbstbewussten und aufmerksamen Persönlichkeiten, bei deren Entwicklung die DPSG mitwirken möchte.

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9.2 Führungszeugnisse, Vereinbarungen und Formalia zum Bundeskinderschutzgesetz

Im Bundeskinderschutzgesetz ist seit 2012 festgelegt, dass freie Träger der Jugendhilfe, so wie die DPSG es ist, verpflichtet sind, bestimmte Maßnahmen zu treffen, um Kinder und Jugendliche in unseren Gruppen vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Besonders wichtig ist der Paragraph 72a aus dem achten Sozialgesetzbuch (SGB 8). In diesem Paragraphen geht es darum, dass die Träger der Jugendhilfe (also zum Beispiel ein DPSG-Stamm) eine Vereinbarung mit dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe (damit sind die zuständigen Jugendämter gemeint) schließt, um insbesondere zwei Punkte zu regeln:

Es dürfen keine Personen beschäftigt werden (auch nicht ehrenamtlich), die wegen bestimmter Vergehen verurteilt wurden. Welche Vergehen genau gemeint sind, kann im Gesetzestext zum Paragraphen 72a gelesen werden. Diese Paragraphen befassen sich mit Vergehen aus dem Bereich der Sexualstraftaten, bei denen – und nur bei denen – eine Vorstrafe eine Tätigkeit in der Jugendarbeit ausschließt. Es ist möglich, dass die Paragraphen, um die es geht, noch erweitert werden, insofern macht es wenig Sinn, hier alle Paragraphen aufzuzählen. Eine aktuelle Auflistung hierzu findet sich schnell im Internet oder in den Vereinbarungen mit dem Jugendamt.

In den einzelnen Bundesländern kann es jeweils abweichende konkrete Regelungen geben (Ausführungsgesetze, Richtlinien, Rahmenvereinbarungen, etc.). Darüber informieren der jeweilige Landesjugendring und/oder der jeweilige Landesverband bzw. die Diözesanverbände der DPSG und des BDKJ.

Der Stamm muss also eine Vereinbarung mit dem Jugendamt schließen, in der weitere Regelungen zu konkreten Maßnahmen des Stammes und des Jugendamtes beschrieben werden. Hier ist es die Aufgabe des Jugendamtes, auf den Stamm bzw. seinen Vorstand zuzukommen und über eine solche Vereinbarung zu sprechen. Eine solche partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Jugendamt und den freien Trägern ist wichtig und sollte auf Augenhöhe geschehen. Grundlage ist ein ehrlicher und wertschätzender Umgang, um zielführend miteinander ins Gespräch zu kommen. Dies erwartet die DPSG auch von den jeweiligen Partnerinnen und Partnern, die sich gemeinsam mit Pfadfinderinnen und Pfadfindern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Sollte das Gefühl entstehen, nicht gut beraten zu werden oder dass der Kontakt zum Jugendamt nicht auf Augenhöhe verläuft, dann ist es durchaus berechtigt, einen partnerschaftlichen Umgang einzufordern und sich hierzu vielleicht durch den jeweiligen Bezirksvorstand, den BDKJ oder den Jugendring begleiten zu lassen. Die Personen aus diesen Gruppen kennen oft die richtigen Ansprechpersonen und halten gute und langfristige Kontakte zum Jugendamt.

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9.3 Erweiterte Führungszeugnisse, Vereinbarungen und Formalia zum Bundeskinderschutzgesetz

Eine der Maßnahmen, um straffällig gewordenen Personen in der DPSG keinen Ort zu geben, ist die Einsichtnahme in die erweiterten Führungszeugnisse aller Tätigen im Stamm. Diese Führungszeugnisse beantragen die Leitenden und Mitarbeitenden bei den jeweiligen Kommunen (Städte oder Landkreise). Ehrenamtlich Tätige sind in der Regel von der Gebühr für das erweiterte Führungszeugnis befreit. Bei der örtlichen Meldebehörde muss ein Antrag auf Gebührenbefreiung gestellt und durch eine Bescheinigung des Verbandes muss nachgewiesen werden, dass das erweiterte Führungszeugnis für eine ehrenamtliche Tätigkeit benötigt wird. Dabei ist auch der Verwendungszweck anzugeben. Eine Vorlage für diese Bescheinigung findet sich in NaMi.

Im institutionellen Schutzkonzept legen die Verantwortlichen (Vorstände) fest, welche Person die Einsichtnahme durchführen soll und sich dann notiert, dass das Zeugnis eingesehen wurde und dass keine Einträge nach den einschlägigen Paragraphen (diese werden in der Vereinbarung mit dem Jugendamt aufgelistet) vorliegen. Das Zeugnis selbst darf nicht kopiert, gescannt oder abgelegt werden, sondern ist der Besitzerin oder dem Besitzer nach der Einsichtnahme wieder auszuhändigen oder zu vernichten.

Ein Schema zur Unterstützung einer Entscheidungsfindung, welche Personen ein Führungszeugnis vorlegen müssen, findet sich z.B. auf der Homepage des Stadtjugendrings der des Jugendamtes Dortmund

 

Der Mitgliederservice der DPSG bietet an, die Einsichtnahme für den Stamm vorzunehmen. Wie genau das funktioniert, ist hier nachzulesen: http://s.dpsg.de/efz

 

Wonach entscheidet der Vorstand, bei welchen Personen erweiterte Führungszeugnisse eingesehen werden?

Der Vorstand legt fest, welche Personen(gruppen) in seinem Verantwortungsbereich ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen. Bei Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern ist dies sehr eindeutig, da Leitungskräfte einen intensiven und langfristigen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben und viele Veranstaltungen, teilweise über mehrere Tage, durchführen. Wie es jedoch mit den Vorstandsreferentinnen und -referenten, den Kassiererinnen und Kassierern, Materialwartinnen und Materialwarten, helfenden Eltern oder Mitgliedern des Fördervereins aussieht, die vielleicht auch einmal eine Nacht im Sommerlager zu Besuch kommen oder bei Aktionen als Küchenteam unterstützen, dazu muss sich der Vorstand beraten und eine Regelung finden. Um diese Aufgabe anzugehen, sind die Hinweise des Gesetzes hilfreich, das beschreibt, dass die Art, die Dauer und die Intensität des Kontaktes wichtige Hinweise geben können, ob eine Einsichtnahme erforderlich ist. Je mehr potentielle Gefährdung ausgeht, umso eher sollte die Entscheidung lauten, dass sich der Vorstand (oder eine dazu beauftragte Person) ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen lässt.

Die Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis sollte bei einer neuen Leitungskraft direkt zu Beginn der Tätigkeit erfolgen und dann in regelmäßigen Abständen erneut erfolgen. Die im Gesetzestext genannten „regelmäßigen Abstände“ müssen im Vorstand festgelegt werden. Bewährt haben sich in den letzten Jahren Zeiträume von drei bis maximal fünf Jahren. Eine häufigere Einsichtnahme sorgt für viel Aufwand und ist nach aktueller Meinung nicht notwendig, grundsätzlich aber möglich.

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9.4 Aufgaben des Vorstands bei der Prävention sexualisierter Gewalt

Zusammengefast übernehmen die Vorstände in der DPSG folgende Aufgaben im Rahmen der Prävention und der aktiven Gestaltung eines funktionierenden Schutzes von Kindern und Jugendlichen in unseren Gruppen:

  • Einsichtnahme in die erweiterten Führungszeugnisse (kann auch über NaMi geregelt sein)
  • Schließen einer Vereinbarung nach §72a mit dem zuständigen Jugendamt
  • Durchführen einer Risikoanalyse
  • Festlegen von Wegen und Verantwortlichkeiten für Beschwerden, unter anderem auch von Gruppenmitgliedern
  • Beauftragung einer Präventionsfachkraft
  • Erstellen eines institutionellen Schutzkonzeptes, in dem die o.a. Punkte festgeschrieben werden

In den meisten Fällen erscheint es sinnvoll, diese Punkte gemeinsam mit anderen Jugendverbänden oder anderen Aktiven in der Kinder- und Jugendarbeit der Gemeinde (z.B. Ministrantinnen- und Ministrantenenarbeit, Sakramentenkatechese, Kindergarten, …) gemeinsam zu bearbeiten und auch die Strukturen der Gemeinde (zum Beispiel bei der Beauftragung einer Präventionsfachkraft) gemeinsam zu nutzen.

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9.5 Institutionelle Schutzkonzepte (ISK)

Um einen wirklich wirksamen Schutz sicherzustellen ist es hilfreich, während der Erstellung des institutionellen Schutzkonzeptes eine Risikoanalyse durchzuführen. Dabei überlegen die aktiven Personen selbst in der Leiterrunde und im Vorstand, aber auch gemeinsam mit Gruppenmitgliedern und Eltern, an welchen Stellen und bei welchen Aktionen besondere Gefahren für Übergriffe auftreten können (nur als Anregung sei an Gemeinde- oder sonstige Feste mit dem Ausschank von Alkohol und vielen unbekannten Personen verwiesen, vielleicht gibt es auch schlecht beleuchtete Wege zum Pfarrheim, usw.). Diese Risikoanalyse gibt Hinweise, an welchen Stellen noch mehr für die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen getan werden kann.

Die Inhalte des Institutionellen Schutzkonzepts sollen selbstverständlich auf die jeweiligen Stämme und Gemeinden angepasst sein. Ein gemeinsames Schutzkonzept mit anderen Gruppen der Gemeinde sorgt wahrscheinlich für Klarheit und sichert weitere Unterstützung.

Der Vorstand ist wichtiger Ansprechpartner für neue Leiterinnen und Leiter, Eltern und Mitglieder und sollte daher mit dem Thema grundlegend vertraut sein, die Regelungen innerhalb der DPSG kennen sowie die Bausteine 2d und 2e aus der Ausbildung der DPSG selbst besucht haben

Der Vorstand koordiniert, dass allen Personen im Stamm und um den Stamm herum bekannt ist, dass im Stamm aktiv gegen sexualisierte Gewalt gearbeitet wird. Dies hält oftmals schon potentielle Täterinnen und Täter davon ab, zu versuchen, in den Stamm hineinzukommen.

Wichtig ist, dieses Bekanntmachen regelmäßig zu wiederholen und alle Beteiligten widerholt für das Thema zu sensibilisieren. Somit gehören wichtige Neuerungen und auch grundlegende Informationen regelmäßig auf die Tagesordnung von Leiterrunden und Stammesversammlungen.

Prävention geschieht nicht nur im Stamm, sondern betrifft auch alle anderen Gruppen in der Gemeinde. Der Vorstand pflegt daher einen Austausch mit anderen (Jugend-)Gruppen in der Gemeinde und setzt gemeinsame Aktionen um. Ansprechpersonen sind zum Beispiel Messdienerinnen und Messdiener, Firm- und Kommunionskatechetinnen und -katecheten, die Leitung des Kindergartens, andere Jugendverbände, etc.

In vielen Diözesen ist mittlerweile auch vorgeschrieben, ein institutionelles Schutzkonzept zu entwickeln. Hier ist es hilfreich, wenn Vorstände aktiv mit ihrem Diözesanverband, dem Bistum und der Gemeinde in Kontakt treten und sich an Arbeitsgruppen beteiligen, um sich so gut abzustimmen und eventuell vorhandene Strukturen mit zu nutzen.

Weitere Informationen zu der Entwicklung von Schutzkonzepten finden sich auf den Seiten des Bundesjugendrings und in vielen Arbeitshilfen im Internet.

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9.6 Umgang mit Kritik an den Bestimmungen zum Bundeskinderschutzgesetz

Seit der Einführung des Paragraphen 72a im achten Sozialgesetzbuch gibt es auch in Jugendverbänden Kritik an der Vorlage der erweiterten Führungszeugnisse. Die Argumente gegen die Vorlage erweiterter Führungszeugnisse sind,

  • Ein erweitertes Führungszeugnis ist nicht aussagekräftig, da nur wenig angezeigte Straftaten überhaupt zu einer Verurteilung führen,
  • Prozesse dauern sehr lang, in der Zwischenzeit kann das erweiterte Führungszeugnis ohne Eintrag vorgelegt werden,
  • viele Mitarbeitende sehen sich einem Generalverdacht ausgesetzt,
  • die beste Prävention ist die stärkende Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in unseren Verbänden und kein Stück Papier
  • und vieles mehr.

Vorstände und Leitungskräfte werden manchmal durch Menschen aus dem Stamm oder dessen Umgebung mit dieser Kritik konfrontiert oder sind selbst kritisch gegenüber diesen Maßnahmen.

Sicherlich ist allen Beteiligten klar, dass diese Maßnahme alleine nicht ausreicht, um Kinder und Jugendliche in der DPSG ausreichend zu schützen. Jedoch gibt es mittlerweile im Verband und durch die Regelungen der katholischen Kirche neben diesem formalen Akt noch einige Schutzfaktoren mehr: Zum Beispiel die Selbstverpflichtungserklärungen sowie die Bausteine 2d und 2e der Woodbadge-Ausbildung, die mittlerweile etliche Male durchgeführt worden sind und eine Großzahl Leiterinnen und Leiter fit gemacht haben. Auf den unterschiedlichsten Ebenen in der DPSG, im BDKJ, in Pfarrgemeinden, bei Jugendämtern und Jugendringen etc. gibt es Konzepte gegen sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen. Zunehmend mehr Menschen werden zusätzlich sensibilisiert. Nicht zuletzt, sondern als zentraler Punkt, ist die pädagogische Arbeit in den Gruppen zu sehen. In der DPSG wird darauf Wert gelegt, die Kinder und Jugendlichen in der Entwicklung zu stärken und sie zu begleiten selbstbewusste, informierte und kompetente Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Im Verband gibt es viele personale Angebote, also Menschen, die im guten Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen stehen, sie schützen und ihnen helfen können. Wichtige Grundlage hierfür ist das Leiten im Team und das Besetzen anderer Ämter im Stamm, damit die Kinder und Jugendlichen neben ihren Leiterinnen und Leitern im Vorstand und in anderen Mitgliedern des Stammes weitere Ansprechpersonen haben. Der Wechsel der Leitungsteams ist beim Wechsel der Stufe eine wichtige Tradition. Diese sorgt für Transparenz trotz enger Beziehung zu den jeweiligen Gruppen. Wenn sich alle Beteiligten dieser Aufgabe bewusst sind und mit wachen Augen durch die Welt gehen, wird auch diese Aufgabe gemeinsam gut gelöst, um die DPSG immer weiter zu einem sicheren Ort für möglichst viele Kinder und Jugendliche zu machen.

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9.7 Die Selbstverpflichtungserklärung

Neben den erweiterten Führungszeugnissen gibt es mit der Selbstverpflichtungserklärung noch ein weiteres Dokument, das Vorstände, Leiterinnen und Leiter kennen sollten. Die Selbstverpflichtungserklärung ist dafür gedacht, dass Personen, die kein erweitertes Führungszeugnis vorlegen können (z.B. aufgrund nicht deutscher Staatsbürgerschaft), selbst erklären können, dass gegen sie kein Strafverfahren im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt läuft oder ein solches Strafverfahren mit einer Verurteilung geendet ist. Ebenso kann eine Selbstverpflichtungserklärung eine Möglichkeit sein, wenn Personen kurzfristig einspringen oder aushelfen und daher nicht ausreichend Zeit haben, ein erweitertes Führungszeugnis zu beantragen.

Die Selbstverpflichtungserklärung geht deutlich über die Inhalte eines erweiterten Führungszeugnisses hinaus. Sie verpflichtet die Unterzeichnenden, alle Mädchen und Jungen in ihrer Entwicklung positiv zu unterstützen, wertzuschätzen, ihre Rechte und Würde zu achten, auf Nähe und Distanz zu achten, Grenzverletzungen wahrzunehmen und zu reagieren, weitere Hilfen zu kennen und zu nutzen, die Abhängigkeit der Anvertrauten nicht auszunutzen sowie die Ausbildungsmöglichkeiten bzgl. des Kinderschutzes zu nutzen. Daher sollte der Vorstand die Selbstverpflichtungserklärung mit allen aktiven Erwachsenen im Stamm besprechen und auch von denen ausfüllen lassen, die ein erweitertes Führungszeugnis vorzeigen müssen. Sie gehört zu den wichtigen Unterlagen und sollte an den nächsten Vorstand weitergegeben werden.

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9.8 Der Verhaltenskodex

Viele Stämme, die sich mit der Erstellung von Schutzkonzepten für ihre Stammesmitglieder beschäftigen, haben einen Verhaltenskodex erstellt. In einem solchen Dokument beschreiben die Menschen im Stamm, wie sie ganz konkret vorgehen, um Übergriffe und Grenzüberschreitungen zu vermeiden. In einem solchen Verhaltenskodex könnte beispielsweise stehen:

Pfadfinderinnen und Pfadfinder reden sich beim Vornamen an. Wenn wir einander Spitznamen geben, nutzen wir diese nur, wenn das von betreffender Person gewollt ist.

Von Seiten der Leitenden und Mitarbeitenden werden Kinder und Jugendlichen nicht zu Geheimnisträgern gemacht.

Körperkontakt hat bei uns immer einen offensichtlichen Zweck (z.B. Begrüßung, Erste Hilfe, Trost, Aufmunterung, Spiele, etc.)

Die Zimmer und Zelte aller Beteiligten sind als deren Privat- bzw. Intimsphäre zu akzeptieren

Ein Betreten dieses Raumes wird immer rechtzeitig angekündigt. Auch Kinder und Jugendliche untereinander werden auf das Einhalten hingewiesen.

Bei Fahrten und Lagern sorgen wir für getrennt geschlechtliche und angemessen altersmäßig gestaffelte Rückzugsräume. Auch bei Veranstaltungen, wo getrenntes Schlafen nicht möglich ist, wird dafür gesorgt, die Rückzugsräume (Bspw. getrennte Umkleidemöglichkeiten, Toiletten, etc.) zu gewährleisten. Wenn diese besonderen Gegebenheiten im Vorfeld bekannt sind, thematisieren wir dies sowohl mit den Gruppenmitgliedern als auch mit den Sorgeberechtigten.

Dies sind lediglich einige wenige Beispiele. Man kann diesen Kodex gut gemeinsam mit der Leiterrunde erarbeiten und auch Kinder und Jugendliche mit einbeziehen. Wenn gemeinsam die individuell wichtigen Punkte erarbeitet wurden, sorgt der Vorstand dafür, dass alle Personen im Stamm den Verhaltenskodex kennen, indem er diesen den neuen Leitungskräften vorstellt und die Punkte, die die Gruppenmitglieder betreffen, auch den Gruppen vorgestellt. Eine weitere gute Möglichkeit ist, den Verhaltenskodex in den Gruppenräumen auszuhägen.

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9.9 Datenschutz und erweiterte Führungszeugnisse

Wenn Leitende oder andere Mitarbeitende aus dem Stamm ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, dürfen diejenigen, die Einsicht nehmen, nur dokumentieren, dass das Zeugnis eingesehen wurde und dass kein Eintrag bzgl. der in Paragraph 72a als Ausschlusskriterien genannten Paragraphen vorliegt. Der Gesetzestext aus §72 SGB8 hierzu lautet:

Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur den Umstand, dass Einsicht in ein Führungszeugnis genommen wurde, das Datum des Führungszeugnisses und die Information erheben, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig verurteilt worden ist.

Diese Daten dürfen nur aufbewahrt werden, insofern dies dazu notwendig ist, diejenige Person von der Tätigkeit im Stamm auszuschließen. Der Vorstand (denn dieser ist für die Besetzung der Ämter im Stamm zuständig) muss festlegen, wem die Führungszeugnisse vorzulegen sind. Dies kann eine Person aus dem Vorstand sein. Grundsätzlich kann die Einsichtnahme auch an vertrauenswürdige Personen delegiert werden, z.B. um sicherzustellen, dass die Listen der Einsichtnahme gut und sicher aufbewahrt werden. Gleichzeitig kann der Vorstand so dem Konflikt entgehen, erweiterte Führungszeugnisse von eventuell guten Freundinnen und Freunden einsehen zu müssen. Einige Stämme haben daher den Ortspfarrer, eine Gemeindereferentin oder eine andere Person mit dieser Aufgabe betraut. Die Bundesebene der DPSG bietet eine Einsichtnahme über den Mitgliederservice der DPSG an. Die Bescheinigung über die Einsichtnahme kann jederzeit ausgedruckt werden. Dies kann notwendig werden, wenn z.B. eine Leitungskraft in einem anderen Stamm aushilft, auf einer weiteren Ebene aktiv ist oder in der Gemeinde (z.B. der Firmvorbereitung, bei den Sternsingern, …) mitarbeitet.

Der Ablauf und die Dokumente werden auf der Seite "Führungszeugnisse in NaMi nutzen"  genau beschrieben. Dort finden sich auch alle unten aufgezählten Dokumente. Ebenfalls garantiert das Bundesamt die Einhaltung des Datenschutzes, die auch von Vorständen verlangt wird und folgendermaßen im Paragraph 72a SGB 8 beschrieben wird:

Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen diese erhobenen Daten nur speichern, verändern und nutzen, soweit dies zum Ausschluss der Personen von der Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen.

Also dürfen weder das Jugendamt noch der Jugendverband eine Kopie oder Abschrift des vorgelegten erweiterten Führungszeugnisses anfertigen. Das Original verbleibt bei der Eigentümerin oder dem Eigentümer, also bei der Person, auf die es ausgestellt wurde.

Sollten Leitungskräfte oder andere Personen, die im Stamm ihr erweitertes Führungszeugnis vorgelegt haben, ausscheiden, so ist die Dokumentation der Einsichtnahme spätestens nach drei Monaten zu löschen. Beginnt jemand gar nicht mit der Leitungstätigkeit und hat bereits ein Führungszeugnis vorgelegt, so ist die Dokumentation der Einsichtnahme unverzüglich (also so schnell wie möglich) zu löschen.

Das erweiterte Führungszeugnis sollte bei der Vorlage nicht älter als drei Monate sein. Spätestens nach fünf Jahren ist ein aktuelles Führungszeugnis erneut vorzulegen. Der Vorstand muss also eine Akte anlegen und darauf achten, dass diese Unterlagen, wie die Kassen- oder Inventarbücher, an nachfolgende Vorstände weitergegeben werden. Vorlagen für eine solche Dokumentation finden sich auf den Homepages vieler Jugendringe, Diözesanverbände oder weiterer Ebenen. Auf der nachfolgenden Seite ist eine mögliche Vorlage zu einer solchen Dokumentation abgedruckt.

Hier noch ein Hinweise für Vorstände: Ausländische Ehrenamtliche können kein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, ihre Straftaten werden nicht im Bundeszentralregister erfasst. Von ihnen ist eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen.

Weitere Informationen zur Beantragung des erweiterten Führungszeugnisses finden sich auf der Internetseite der DPSG und auf der Seite des zuständigen Jugendamtes oder Jugendrings. Da dieses Gesetz noch nicht sehr alt ist und teilweise noch daran gearbeitet wird, ist es wichtig, von Zeit zu Zeit nach aktuellen Vorlagen aus seriösen Quellen zu schauen und zu fragen, wenn diese Dokumentation im Stamm angelegt wird.

 

Beispieldokument

zur Dokumentation der Einsichtnahme in erweiterte Führungszeugnisse Ehrenamtlicher des freien Trägers der Jugendhilfe 

DPSG Stamm _______________ gemäß § 72a SGB VIII

Entsprechend dem Bundeskinderschutzgesetz ist zu überprüfen, ob ein Eintrag über eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs vorhanden ist.

Wir weisen darauf hin, dass entsprechend § 72 a SGVIII jede Person von einer Tätigkeit in der Jugendarbeit auszuschließen ist, die entsprechend der oben angeführten Paragrafen rechtmäßig verurteilt ist.

Das erweiterte Führungszeugnis darf nicht älter als 3 Monate sein. Eine erneute Einsichtnahme ist nach fünf Jahren vorzunehmen.

_________________________   ___________________________

Vorname und Nachname der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters

Die/der oben genannte Mitarbeiterin/Mitarbeiter hat ein erweitertes Führungszeugnis zur Einsichtnahme vorgelegt.

Das erweiterte Führungszeugnis wurde ausgestellt am: _________________________

Es ist kein Eintrag über eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs vorhanden.

Hiermit erkläre ich mich mit der Speicherung der oben angegebenen Daten einverstanden. Gemäß der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 72a (5) SGB VIII ist eine Weitergabe der Daten nicht gestattet. Die Daten sind spätestens drei Monate nach Beendigung der Tätigkeit für den freien Träger der Jugendhilfe zu löschen. Kommt es zu keiner Mitarbeit sind die Daten unverzüglich zu löschen.

____________________________________

Ort, Datum

 

_________________________________                                                 

Unterschrift der für die Einsichtnahme zuständigen Person des Stammes

 

_________________________________

Unterschrift der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters

 

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9.10 Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?

Konkret sind das die Änderungen des Paragraphen 72a des achten Sozialgesetzbuches (Kinder- und Jugendhilfegesetz) durch Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes (BuKiSchG) und die Rahmenordnung zur Prävention der Deutschen Bischofskonferenz. Diese Richtlinien sind für ehrenamtliche Leiterinnen und Leiter bindend, wenn das betreffende Bistum bereits eine Präventionsordnung verabschiedet hat und/oder das zuständige Jugendamt über den Stadt- oder Kreisjugendring eine Vereinbarung getroffen hat. Konkrete Auskunft hierzu können die Bezirksvorstände, die örtlichen Jugendringe oder auch direkt die zuständigen Jugendämter geben.

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9.11 Mögliche Quellen für Unterstützung

In den letzten Jahren haben sich in der DPSG und in den Bistümern sehr viele Menschen qualifiziert, um die Stämme, Vorstände und Leitenden gut unterstützen zu können. In sehr vielen Gemeinden gibt es mittlerweile Präventionsbeauftragte. Sollte es zwischen dieser Person und dem Stamm noch keinen Kontakt geben, ist es sehr wichtig, herauszufinden, wer diese Funktion innehat und im gemeinsamen Gespräch (in der Vorstandssitzung oder der gesamten Leiterrunde) eure Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu besprechen. Gleiches gilt für Präventionsbeauftragte auf Bezirksebene, im BDKJ, bei den Stadt- und Kreisjugendringen sowie in den Dekanaten. Neben all diesen Möglichkeiten besteht immer die Möglichkeit, sich an das Bundesamt der DPSG, an die Präventionsbeauftragten der deutschen Bistümer sowie andere professionelle Unterstützungssysteme, wie z.B. den Deutschen Kinderschutzbund, zu wenden. Im Internet finden sich weitere Informationen unter https://dpsg.de/de/themen/praevention.html


[1] DPSG Bundesleitung(2013) Aktiv gegen sexualisierte Gewalt.