Leben aus dem Glauben
Bei allen verschiedenen Ausprägungen von persönlicher Spiritualität gibt es doch Merkmale einer gemeinsamen „Pfadfinderischen Spiritualität“. Diese sind in der Ordnung unseres Verbandes und in den Kirchenbildern niedergeschrieben und können im konkreten Handeln erlebt werden. Die Quellen, aus denen sich diese Spiritualität speist, sind zum einen das Leben und Wirken Jesu Christi und zum anderen die Zeugnisse von Lord Baden-Powell.
So hat Baden-Powell formuliert: „Wir streben (als Pfadfinder) nach Ausübung des Christentums im alltäglichen Leben und Handeln und nicht nur nach dem Bekenntnis seiner Theologie an Sonntagen“ (Spuren des Gründers, S. 117). Wie aber die „Ausübung des Christentums“ konkret gestaltet werden kann, ist nicht immer einfach. So sehen wir im Handeln Jesu einen Kompass, an dem wir unser Leben ausrichten können. Sein Leben und seine Botschaft vom Reich Gottes sind der Grund, weshalb wir trotz aller gegenteiligen Erfahrungen die wir machen müssen, ein Leben aus dem Glauben ersehnen und zu leben versuchen.
In Taufe (und Firmung) ist uns Christen der Geist Jesu in besonderer Weise geschenkt. Er will uns ermutigen, unser Leben in Glaube, Liebe und Hoffnung zu gestalten und unsere Spiritualität von ihm bereichern zu lassen. Dies gelingt besonders, wenn wir aus dem Glauben eine neue Haltung zum Leben gewinnen. In der DPSG haben wir in unserer Ordnung die Grundhaltungen einer christlichen Lebensorientierung beschrieben:
Christliche Lebensorientierung
Wahrheit und Glaube
Menschen suchen nach Wahrheit. Bei dieser Suche können wir Gott entdecken. Im Glauben fragen wir danach, was er mit uns vorhat.
Sehnsucht und Hoffnung
In uns allen steckt die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Aus Tod und Auferstehung Jesu Christi schöpfen wir die Hoffnung, dass auch unser Leben einen Sinn auch über den Tod hinaus hat. Deshalb wollen wir unseren Lebensweg aus dem Glauben heraus gestalten.
Freiheit und Gerechtigkeit
Gott hat uns Menschen mit einer einzigartigen Würde als freie Wesen geschaffen. Dieser Freiheit fühlen wir uns verpflichtet und setzen uns ein für eine gerechte Welt, in der alle Menschen gleiche Chancen haben.
Liebe und Solidarität
Wir wissen uns von Gott geliebt und können diese Liebe weitergeben. Aus einer Haltung, uns für das eigene Wohl und das Wohl der anderen einzusetzen entspringt eine Solidarität besonders mit den Benachteiligten in unserer Welt.
Handeln aus dem Glauben
Das „Leben aus dem Glauben“, wie es oben skizziert wurde, führt zum „Handeln aus dem Glauben“ – und umgekehrt. Als Christen glauben wir, dass alles was geschieht uns mit Gott und seinem Handeln an den Menschen und der Welt in Beziehung setzt. Glaube und Spiritualität sind eben nicht etwas für pseudofromme Stunden, sondern werden greifbar und konkret im Alltag. Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind uns folgende Handlungsfelder besonders wichtig:
Geschwisterlich leben
Wir treten ein für ein gerechtes Zusammenleben aller Menschen weltweit. Dazu gehört, dass alle gleichwertig und gleichberechtigt sind.
Als Frauen und Männer leben wir bewußt unser Frau- bzw. Mannsein und ein partnerschaftliches Miteinander.
Friedensbedingungen schaffen
Im persönlichen Umfeld, in der Gruppe aber auch in Kirche und Gesellschaft setzen wir uns ein für den Frieden. Dazu gehören das Wissen umeinander, das gegenseitige Verstehen, Toleranz und Gerechtigkeit.
Nachhaltig leben
Wir wollen heute so leben, dass auch die nachfolgenden Generationen noch leben können. Deshalb leben wir selber einfach und umweltbewußt und fordern den Einsatz für eine nachhaltig gesicherte Zukunft.
Freiheit wagen
Freiheit bedarf es auf verschiedenen Ebenen. Im ganz Persönlichen braucht es den Spielraum, Dinge auszuprobieren und auch Fehler machen zu dürfen. Im Miteinander der Christen setzen wir uns ein für eine Ökumene, in der verschiedene Wege, den Glauben zu leben, ihren Platz haben. Wachsam und kritisch suchen wir die Auseinandersetzung dort, wo Unfreiheit droht und setzen uns ein für die Freiheit aller Menschen.
Kirche gestalten
Kirche ist die große Gemeinschaft aller, die zu Jesus gehören und sich an ihm orientieren. Daher hat sich die DPSG immer innerhalb der katholischen Kirche verortet. Auch, wenn oder gerade weil Kindern und Jugendlichen ein Zugang zur Kirche oft schwer fällt, möchten wir an der Erneuerung der Kirche mitwirken. Dabei versuchen wir Orte zu schaffen, an denen wir offen über Glauben und Zweifel sprechen können und kirchliche Strukturen hinterfragen.
Wir wollen offen sein für Christen anderer Konfessionen und Gläubige anderer Religionen und wir wollen, dass diese Offenheit in unseren Gruppen auch zum Tragen kommt.
Politische Mitverantwortung
Junge Menschen sind keine Objekte fremder Mächte, sondern von Gott beauftragt und befähigt, Mitverantwortung für die Welt zu übernehmen. Diesem Welt- und Menschenbild entsprechend sehen wir für uns im politischen Handeln eine angemessene Chance, um für gerechte Strukturen und menschengerechte Entscheidungen einzutreten.
Allzeit bereit
„Bei allem, wofür wir stehen und was wir tun, vertrauen wir darauf, dass Gott uns nahe ist, uns unterstützt und trägt.“ (Ordnung der DPSG)
Exkurs: Das Kuratenamt
Es gibt in unserem Verband das Amt des Kuraten bzw. der Kuratin. Diese Menschen sollen gemeinsam mit euch nach Ausdrucksformen des Glaubens suchen, den Glauben feiern, auf lebensfeindliche Entwicklungen aufmerksam machen und dabei helfen, das Leben aus dem Wort Gottes zu deuten. In diesem Sinne sind sie Wegbegleitung und nicht Alleinverantwortliche für Spiritualität. Sie nehmen aktiv am Leben eines Stammes teil, sind eingebunden in die konkrete Arbeit und kommen nach Möglichkeit nicht nur zu spirituellen Highlights (etwa ins Sommerlager) eingeflogen. Kuratinnen und Kuraten sollen in der Lage sein, ihren eigenen Glauben zu kommunizieren und Räume zu öffnen, in denen eine Auseinandersetzung möglich ist. Andererseits sollen sie Leiterinnen und Leiter befähigen, dies selbst zu tun.
Nicht zuletzt aufgrund der zurückgehenden Priesterzahlen ist es für viele Stämme inzwischen schwierig, geeignete Kandidaten zu finden. Aber ein Kurat muss nicht unbedingt ein Priester sein: Auch Diakone, Ordensleute, Pastoralreferenten/innen und Gemeindereferenten/innen sowie Frauen und Männer mit einer entsprechenden Begabung und kirchlichen Sendung können das Kuratenamt übernehmen. Dazu gibt es in der DPSG auch die eigene Ausbildung für Kuratinnen und Kuraten.
Falls sich dennoch kein geeigneter Stammeskurat findet, gibt es unter den Bezirks- und Diözesankuraten oder den örtlichen BDKJ-Seelsorgern Ansprechpartner für den Stamm.