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8.1 Aufsichtspflicht. 115

Praxistipp Einbeziehung der Personensorgeberechtigten. 116

8.1.1 Wie wird die Aufsichtspflicht übertragen?. 117

8.1.2 Wie wird die Aufsichtspflicht erfüllt?. 117

8.1.3 Pflicht zur Information. 118

8.1.4 Praxistipp Regeln zur Örtlichkeit festlegen. 119

8.1.5 Pflicht zur Vermeidung von Gefahrenquellen. 120

8.1.6 Pflicht zur Warnung vor Gefahren. 120

8.1.7 Praxistipp zur Überprüfung vom Verständnis vorgegebener Regeln. 121

8.1.8 Pflicht, die Aufsicht aufzuführen. 121

8.1.9 Die Pflicht zum Eingreifen in Gefahrensituationen. 122

8.1.10 Praxistipp zum Aussprechen von Konsequenzen. 122

8.1.11 Übertragung der Aufsichtspflicht an eine Minderjährige oder einen Minderjährigen. 123

 



8.1 Aufsichtspflicht

Wenn Leiterinnen und Leiter ihre Aufsichtspflicht verletzen, ist es möglich, dass jemand für den entstandenen Schaden haften muss. Aber wer? Der Stamm? Die betroffene Leitungskraft? Der Vorstand? Das Kind selbst?

Um festzustellen, ob eine Haftung durch eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt, muss zunächst einmal geprüft werden, ob und in welcher Intensität die betroffene Person der Aufsichtspflicht bedurfte. Grundsätzlich sind alle Personen aufsichtsbedürftig, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die „trotz Volljährigkeit wegen des geistigen oder körperlichen Zustands Aufsicht benötigen“. Dies kann zum Beispiel bei einer richterlich angeordneten Betreuung so sein oder wenn jemand eine geistige Behinderung hat.[1] Zunächst einmal sind die Personensorgeberechtigten für ihre Kinder oder Jugendlichen zuständig und somit auch aufsichtspflichtig. Dies sind in der Regel zumeist die leiblichen Eltern, aber auch Adoptiveltern und andere Personen (z.B. Vormünder) können das Sorgerecht innehaben.

Praxistipp Einbeziehung der Personensorgeberechtigten

Vorstände sollten darauf achten, dass bei Formularen im Stamm, z.B. der Stammesanmeldung oder dem Anmeldeformular für Aktionen, auch die Unterschrift der Personensorgeberechtigten notwendig ist. Insbesondere Aktionen, die nicht alltäglich sind, wie z.B. Ferienlager, Aktionen, die Risiken bergen wie z.B. längere Touren in der Wildnis oder auf dem Wasser, müssen zwingend auch von allen Personensorgeberechtigten unterschrieben werden. Insbesondere bei Mitgliedern, deren Eltern getrennt leben, ist dies oft schwierig und dauert Zeit. Entscheidungen von geringem Ausmaß (z.B. dass die nächste Gruppenstunde länger dauert, die Gruppe gemeinsam in einen Gottesdienst gehen möchte,…) können selbstverständlich auch mit einer oder einem Personensorgeberechtigten vereinbart werden, da die Personensorgeberechtigten verpflichtet sind, sich gegenseitig zu informieren.

Wenn minderjährige Mitglieder in den Gruppen teilnehmen, geht zeitweise ein Teil des Sorgerechts, nämlich die Aufsichtspflicht, auf diejenige Ebene über, die die Veranstaltung ausrichtet. Also z.B. auf den Stamm bei einem Stammeslager oder die Bezirksebene bei Bezirksveranstaltungen. In der Regel wird der Stamm der sogenannte „Träger“ der Maßnahme sein. Der Stammesvorstand wiederum kann (und wird zumeist auch) die Aufsichtspflicht an die jeweiligen Gruppenleiterinnen und -leiter delegieren. Da die Personensorgeberechtigten jedoch ihren Vertrag, zum Beispiel die Anmeldung, mit dem Stamm geschlossen haben, ist der Stammesvorstand als rechtliche Vertretung des Stammes weiterhin verantwortlich.

Unabhängig von der Aufsichtspflicht verbleiben die anderen Teile des Sorgerechts, wie z.B. die Vermögensfürsorge oder das Recht der Aufenthaltsbestimmung, bei den Personensorgeberechtigten. Das bedeutet, weder Leitende noch der Vorstand sind die Personensorgeberechtigten der Kinder (auch wenn die Personensorgeberechtigten aktuell nicht dabei sind), sondern haben lediglich die Aufsichtspflicht. Dies kann unter Umständen wichtig werden, wenn z.B. während einer Aktion ein Kind ins Krankenhaus muss oder es um finanzielle Angelegenheiten des Kindes geht (vielleicht ist im Sommerlager eine Brille kaputt gegangen und das Kind möchte eine teure Brille als Ersatz bestellen). In diesen Fällen müssen die Personensorgeberechtigten definitiv zustimmen.

 

Praxistipp Einbeziehung der Personensorgeberechtigten II

Auf Anmeldeformularen sollten die Handynummern und vielleicht auch die dienstliche Telefonnummern des oder der Personensorgeberechtigten eurer Mitglieder abgefragt werden, um diese möglichst jederzeit erreichen zu können. Insbesondere am Wochenende oder in den Ferien sind die Personensorgeberechtigten eventuell nicht zuhause, sondern unterwegs, vielleicht sogar im Ausland. Die Kontaktdaten der Personensorgeberechtigten sollten daher dringend abgefragt werden und auch verfügbar sein (z.B. in einem abschließbaren Schrank im Gruppenraum oder bei der Lagerleitung im Sommerlager).

 

8.1.1 Wie wird die Aufsichtspflicht übertragen?

Die Aufsichtspflicht kann durch einen Vertrag (z. B. Aufnahme in den Stamm, Anmeldung zu einer Veranstaltung) übertragen werden. Hierzu ist jedoch kein langes Schriftstück notwendig. Die Anforderungen an einen Vertrag sind gering. Er kann mündlich oder durch die tatsächliche Übernahme der Aufsichtspflicht zustande kommen. Das heißt, wenn Personensorgeberechtigte anfragen, ob ein Kind zum Kennenlernen der Gruppe die Gruppenstunde besuchen darf und die Leitungskräfte zustimmen, so schließen sie in diesem Moment einen mündlichen Vertrag mit ihnen. Daher sollte auf jeden Fall abgesprochen werden, wie lange die Gruppenstunde dauert und ausmachen, ob das Kind abgeholt wird oder allein nach Hause gehen darf. So ist klar, wie lange die Aufsichtspflicht übertragen wird.

 

8.1.2 Wie wird die Aufsichtspflicht erfüllt?

Zunächst einmal gehört zur Aufsichtspflicht, dass bekannt ist, wo sich die Aufsichtspflichtigen aufhalten.[2] Weiterhin ist gesetzlich geregelt, was eine Verletzung der Aufsichtspflicht darstellt, jedoch nicht, was die Aufsichtspflicht genau ist, sodass es sinnvoll erscheint, sich diesem Punkt zu nähern.

Um die Aufsichtspflicht zu erfüllen, sollten folgende Punkte erfüllt sein:

 

Die Pflicht zur Information

Die Pflicht zur Vermeidung von Gefahrenquellen

Die Pflicht zur Warnung vor Gefahren

Die Pflicht die Aufsicht zu führen[3]

Die Pflicht zum Eingreifen in Gefahrensituationen[4]

 

Weiterhin gilt auch, dass einzugreifen ist, wenn festgestellt wird, dass sich die aufsichtspflichtigen Kinder bzw. Jugendlichen nicht an die vorgegebenen Regeln halten:

Wenn es gelingt „[…] diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine Verletzung der Aufsichtspflicht ausgeschlossen!“.[5]

Auch wenn es in diesem Vorständehandbuch um Stammesvorstände geht, werden viele Dinge für Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter erörtert. Insbesondere bei rechtlichen Aspekten ist der Vorstand immer auch verantwortlich für das Verhalten der Leitenden und sollte somit selbst über ein gutes Wissen verfügen.

 

Wenn der Vorstand feststellt, dass sich Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter nicht an die zu erfüllenden Punkte halten, ist er auch dafür verantwortlich, sie darauf hinzuweisen. Sollten die Leiterinnen und Leiter die Vorgaben des Vorstands nicht umsetzen, so ist der Vorstand verpflichtet einzugreifen.

 

Damit klar ist, was sich hinter diesen Pflichten verbergen kann, hier einige Erklärungen dazu:

 

8.1.3 Pflicht zur Information

Diese Pflicht umfasst die Pflicht, sowohl die Teilnehmenden als auch die Umgebung bzw. die geplante Veranstaltung zu kennen.

Wenn Leiterinnen und Leiter die Aufsichtspflicht über eine Gruppe oder über einzelne Kinder und Jugendliche übernehmen, müssen sie sich zunächst informieren, um wen es sich handelt. Sie benötigen also diejenigen Informationen, die für die konkrete geplante Aktion, z.B. Lager, Gruppenstunde oder Osterfeuer, wichtig sein können. Wichtige Informationen können zum Beispiel sein: Behinderungen der Teilnehmenden, Krankheiten, Medikamenteneinnahme, Allergien, körperliche Fähigkeiten, Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, etc…

 

Praxistipp: Oftmals ändern sich diese Informationen relativ schnell (ein Kind lernt schwimmen, es wird eine Allergie festgestellt, …). Daher ist es wichtig, diese Informationen nicht nur zu Beginn der Mitgliedschaft in der DPSG bei der Anmeldung zu erfragen, sondern vor anstehenden Aktionen regelmäßig zu fragen, ob besondere Gefährdungen (z.B. Allergien, Erkrankungen, Einschränkungen) vorliegen. Solche „anlassbezogenen Daten“ sind selbstverständlich nur denjenigen Personen zugänglich zu machen, die sie benötigen (z.B. das Küchenteam bei Unverträglichkeiten) und nach der entsprechenden Aktion sind die erhobenen Daten der Aktion zu vernichten. Wie oft z.B. Gruppenstunden den Anlass bieten, bestimmte Dinge abzufragen (z.B. vor der Adventszeit, in der traditionell viel mit Backwaren und Lebensmitteln gearbeitet wird), sollte sich der jeweilige Vorstand überlegen und dabei abwägen, welcher Zeitraum sinnvoll ist, damit der Stamm immer auf einem guten Stand ist und weder die Aktiven im Stamm noch die Personensorgeberechtigten zu viel Aufwand haben. Beispielsweise könnte eine Überprüfung der Daten auf Aktualität vor jedem größeren Lager sinnvoll sein oder generell einmal jährlich. Spätestens nach einem Stufenwechsel erscheint es sinnvoll, das neue Leitungsteam auf den aktuellen Stand zu bringen.

Neben den Informationen über die Aufsichtspflichtigen müssen sich Aufsichtsführende über die Besonderheiten der örtlichen Umgebung informieren, d.h. alle Umstände, die in der örtlichen Umgebung des Aufenthaltes der Gruppe wurzeln, unabhängig davon, ob diese Umstände von der Jugendleiterin oder vom Jugendleiter bzw. der Gruppe beeinflusst werden können oder nicht. Notwendige Informationen sind unter anderem: Sicherheit von Gebäude und Gelände, Notausgänge, Sicherheit möglicher Spielgeräte, Notrufmöglichkeiten, Position des Feuerlöschers, Erste-Hilfe-Material. Diese Informationen können bei einer Besichtigung selbst gesammelt werden oder auch bei Haus- oder Platzwartin oder Haus- oder Platzwart bei der Übergabe erfragt werden.

 

8.1.4 Praxistipp Regeln zur Örtlichkeit festlegen

Wenn möglich sollte der Vorstand eine erste Begehung der Räumlichkeiten oder des Lagerplatzes mit dem Leitungsteam machen. So können direkt geltende Regeln für die Gruppe abgesprochen werden, z.B. bis wohin sich die Kinder bewegen dürfen ohne sich explizit melden zu müssen, wo Fußball gespielt werden kann oder welche Wege zum Toilettenhaus genommen werden, um andere Gruppen nicht zu stören. Diese gemeinsame Begehung schafft für Vorstand, Leitungsteams und die Gruppenmitglieder Klarheit und sorgt für mehr Sicherheit bei einzelnen Entscheidungen.

Wenn diese Regeln eingehalten werden und schon frühzeitig geplant wird, wie Risikoquellen minimiert oder ganz ausgeschaltet werden können, ist schon viel erreicht.

 

8.1.5 Pflicht zur Vermeidung von Gefahrenquellen

Dieser Punkt hört sich einfach an und scheint so selbstverständlich. Aufsichtsführende sind verpflichtet „[…] selbst keine Gefahrenquellen zu schaffen sowie erkannte Gefahrenquellen zu unterbinden, wo ihm dies selbst auf einfache Art und Weise möglich ist.“[6] Unbestritten sind z.B. offenes Feuer, scharfe Messer und eine Axt deutliche Gefahrenquellen. Pfadfinderveranstaltungen ohne diese Elemente sind jedoch kaum vorstellbar. Glücklicherweise sehen nicht nur Pfadfinderinnen und Pfadfinder, sondern auch die Gerichte es als sinnvoll an, Kinder und Jugendliche mit angemessenen gefährlichen Situationen zu konfrontieren, um sie zu befähigen, durch praktische Schulung verantwortungsbewusst mit diesen Gefahren umzugehen.[7]

Grundlegend wichtig ist es, sich als Vorstand und Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter Gedanken zu den Angeboten zu machen, die den jeweiligen Gruppen erlaubt bzw. verboten werden. Wenn Gefahren erkannt werden und entschieden wird, diese Gefahren nicht zu verhindern (offenes Feuer, Lagerbauten), so sollte dies eine gemeinsame Entscheidung sein. Ebenfalls können Vorkehrungen getroffen werden, die die Gefahren bzw. deren Folgen bei Eintritt eines Schadens minimieren, so zum Beispiel geeignete Löschmittel, Erste-Hilfe-Kasten und Ersthelfendenausbildung, kleine Gruppengrößen, ….

 

8.1.6 Pflicht zur Warnung vor Gefahren

Auch wenn sich alle gut informiert und mögliche Gefahrenquellen eingeschränkt haben, werden immer noch Gefahren überbleiben. Vor diesen Gefahren müssen Teilnehmende gewarnt werden. Am Beispiel der Lagerfeuer oder des Holzhackens wird schnell klar, dass insbesondere jüngeren oder unerfahrenen Teilnehmenden die Gefahren, die sich aus der Aktion ergeben, erklärt werden müssen. Weiterhin ist es wichtig, sich zu vergewissern, ob die Hinweise auch wirklich verstanden wurden. Wenn es geht, bietet es sich natürlich an, den richtigen Umgang mit Gefahrenquellen auch direkt vorzuführen, also wo und wie die Axt getragen und gelagert wird, wie ein Feuer aufgebaut wird und so weiter. Da dies grundlegende Elemente in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist, sei darauf hingewiesen, wie auch unter rechtlichen Aspekten pfadfinderische Arbeit gut und sicher gestalten werden kann. Ebenso wichtig ist es, klar und deutlich zu verbieten, wenn etwas nicht passieren soll.

 

8.1.7 Praxistipp zur Überprüfung vom Verständnis vorgegebener Regeln

Wie Vorstände und Leitende genau überprüfen, ob ihre Regeln und Verbote verstanden wurden, hängt von der Gruppengröße und Zusammensetzung, den einzelnen Teilnehmenden und der eigenen Kreativität ab. Je älter und erfahrener und je kleiner die Gruppe ist, umso eher besteht die Wahrscheinlichkeit, dass es ausreicht, auf die Gefahren mündlich hinzuweisen und abzufragen, ob alles verstanden wurde. Anders sieht es bei unerfahrenen Gruppen oder Teilnehmenden aus, deren Kommunikation eingeschränkt ist, weil sie noch nicht lange in Deutschland sind, eine körperliche Einschränkung haben oder es einfach eine große und junge Gruppe ist. Überprüft werden kann durch direkte Nachfragen („Was genau kann denn passieren, wenn ihr mit dem Messer arbeitet?“) oder vielleicht auch in kreativen Aktionen. Eine gemalte Ausstellung zu den Lagerregeln können die Wölflinge am ersten Abend des Lagers den anderen präsentieren oder die Pfadfinderinnen und Pfadfinder können ein Quiz entwickeln und durchführen. So wird verdeutlicht, dass die Verbote und Gebote auch zu etwas Sinnvollem gut sind und nicht dazu da sind, die Teilnehmenden in ihren Aktionen zu beschränken.

 

8.1.8 Pflicht, die Aufsicht aufzuführen

Verbotene Dinge haben oftmals einen besonderen Reiz. Daher kann es passieren, dass Verbote trotz ihrer Sinnhaftigkeit übertreten werden. Daher sind Aufsichtspflichtige trotz einer guten Vorbereitung, wie sie oben beschrieben wurde, verpflichtet, tatsächlich zu überprüfen, ob die aufgestellten Regeln befolgt werden. Dies ist die Verpflichtung zur tatsächlichen Aufsichtsführung. Eine ständige Anwesenheit kann dabei nicht in jedem Fall, wohl aber bei Kindern bis zu fünf oder sechs Jahren gefordert werden. Das heißt nicht, dass die Leitenden die Kinder 24 Stunden am Tag „überwachen“ müssen, schlafen die Kinder, dann ruht auch die Aufsichtspflicht solange, bis die Kinder wieder Aufmerksamkeit benötigen. Bei älteren Kindern gilt, dass die verantwortlichen Leitenden ständig wissen müssen, wo sich die Gruppe aufhält und was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerade tun. Hierbei ist natürlich, in Abhängigkeit von Alter und Fähigkeit der Gruppe, ein angemessener Zeitraum zu wählen. Hierüber muss sich das Leitungsteam in regelmäßigen Abständen versichern. Auch hierbei geht es darum, je nach Alter und Zusammensetzung der Gruppe zu entscheiden. Ältere und erfahrene Gruppenmitglieder machen mitunter eigenständige, längere Wanderungen. Das Leitungsteam weiß, dass sie auf dem Weg von A nach B sind. Hier reicht es mitunter aus, wenn die Leitenden nach abgesprochenen Zeitintervallen eine Rückmeldung erhalten, ob alles OK ist.

„Das Maß der tatsächlichen Aufsichtsführung hängt daher von vielen Faktoren ab, z.B.: Alter und persönliche Verhältnisse der Kinder/Jugendlichen, Gruppengröße, Örtliche Verhältnisse, Anzahl Beherrschbarkeit und Einschätzbarkeit der vorhandenen Gefahrenquellen, objektive Gefährlichkeit der Aktivität, Anzahl der Mitbetreuer.“[8]

 

8.1.9 Die Pflicht zum Eingreifen in Gefahrensituationen

Immer dann, wenn die Aufsichtspflichtigen durch Personen oder Sachen bedroht werden, besteht eine Pflicht des Aufsichtspflichtigen, diese zu schützen. Dies gilt auch, wenn sich Gruppenmitglieder trotz Verbotes einer Gefahr aussetzen. Bei Missachtung von Verboten sollten die Aufsichtsführenden eine Sanktion, also negative Konsequenzen, verhängen. Typische Sanktionen sind z.B. die Untersagung einer Tätigkeit („Leider kann ich dich nicht weiter sägen lassen, weil du immer wieder mit der Säge herumspielst!“), eine Erhöhung der tatsächlichen Aufsicht („Du wirst den restlichen Tag mit uns Leiterinnen und Leitern durch die Stadt gehen, da du einfach ohne deine Gruppe hier im Kaufhaus herumläufst.“) oder auch der Ausschluss von der weiteren Tätigkeit („Obwohl wir dir mehrfach erklärt haben, dass du niemand verletzen darfst, hast du heute wieder ein Kind und einen Leiter mit Steinen beworfen. Wir werden deine Eltern anrufen und dich abholen lassen müssen.“). An dieser Stelle ist es besonders wichtig, dass die Aufsichtspflicht wieder auf die Personensorgeberechtigten zurückübertragen wird[9]. Das heißt, Vorstand und Leitende müssen auf jeden Fall direkt im Kontakt mit den Personensorgeberechtigten abklären, wie das Kind zu ihnen gelangt und wer dies organisiert.

 

8.1.10 Praxistipp zum Aussprechen von Konsequenzen

Damit verantwortliche Personen und ihre Konsequenzen ernst genommen werden und vor allem für die Gruppenmitglieder überschaubar und planbar sind, sollte darauf geachtet werden, nur Konsequenzen auszusprechen, die auch eingehalten werden können (Nicht: „Du wirst dein Zelt nie wieder verlassen!“) und die Konsequenzen im Team zu besprechen. Dieser Abstand schützt Vorstände, Leiterinnen und Leiter und Gruppenmitglieder vor unüberlegten Aussagen und vor Konsequenzen, die das Team nicht mitträgt. Nicht erlaubt sind selbstverständlich solche Sanktionen, die ihrerseits gegen (Straf-)Gesetze verstoßen.

 

8.1.11 Übertragung der Aufsichtspflicht an eine Minderjährige oder einen Minderjährigen

Es kann passieren, dass minderjährigen Gruppenmitgliedern zeitweise ein Teil der Aufsichtspflicht für andere Mitglieder übertragen wird. So ist es zum Beispiel in vielen Stämmen Tradition geworden, in stufenübergreifenden Gruppen zu kochen, den Platz zu erkunden, Lagerbauten zu erstellen und so weiter. Beispielhaft zu nennen wäre eine 17-jährige Roverin, die den Aufbau eines Lagerfeuers mit einer Gruppe aus Wölflingen und Jungpfadfinderinnen und Jungpfadfindern durchführt. Dieser Fall stellt eine Grauzone dar, denn auch wenn die Aufsichtspflicht in diesem Fall durch die Roverin ausgeführt wird, ist es vom Gesetz her nicht vorgesehen, dass Minderjährigen die Aufsichtspflicht übertragen wird. So sollte weiterhin klar sein, welche volljährige Person die Roverin unterstützt und zumindest in angemessenen Abständen (so wie oben beschrieben) nachschaut und prüft, ob sich alle an die Vorgaben halten. Streng genommen ist die Übertragung der Aufsichtspflicht an einen Minderjährigen nur mit der Zustimmung seiner gesetzlichen Vertretung (also zumeist den Personensorgeberechtigten) möglich. Wenn geplant ist, bestimmte Dinge im Lagerleben ausschließlich durch Roverinnen oder Rover begleiten zu lassen, sollte sich der Vorstand von den Personensorgeberechtigten der Roverinnen und Rover bescheinigen lassen, dass sie erlauben, dass ihren Kindern die Aufsichtspflicht für diese Teile übertragen wird. Weiterhin empfiehlt es sich, bei Informationen zu den Veranstaltungen auf diesen Punkt hinzuweisen und dies zumindest zu dokumentieren, also beispielsweise schon in der Tagesordnung auf diesen Punkt hinzuweisen.

Es ist nicht möglich, Minderjährige als Leiterinnen und Leiter mit der verantwortlichen Leitung einer Gruppe zu betrauen. In der DPSG ist dies nicht vorgesehen. Punkt 34 der Satzung beschreibt: „Die Wölflingsmeuten, Jungpfadfindertrupps, Pfadfindertrupps, Roverrunden und ggf. die Bibergruppen werden jeweils von einem Leitungsteam geleitet. Zur Leiterin/zum Leiter der Wölflings-, Jungpfadfinder-, Pfadfinderstufe und ggf. der Bibergruppen kann berufen werden, die oder der volljährig ist und den Einstieg der Woodbadgeausbildung absolviert hat.“ [10] Zusätzlich zu den hier angerissenen rechtlichen Schwierigkeiten gibt es vor allem pädagogische Gründe, die gegen minderjährige Leitungskräfte sprechen.



[1] vgl. Rieger / Wagner (2011) S. 15

[4] vgl. Rieger / Wagner (2011), S. 26f

[5] Rieger / Wagner (2011), S. 17

[7] Vgl. Rieger / Wagner (2011), S. 18

[9] vgl. Rieger / Wagner (2011), S. 27

[10] Satzung der DPSG (2017), Seite 8

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